Archiv für den Monat: März 2008

Anhebung des steuerfreien Existenzminimums gefordert

Lt. einer Notiz der taz fordert Michael Fuchs (CDU) die Anhebung des steuerfreien Existenzminimums von derzeit 7.664 Euro auf 8.200-8.400 Euro jährlich. Das hinter der Forderung stehende Anliegen sei sein Gerechtigkeitsempfinden, denn die Grundsicherung für Arbeitssuchende solle nicht höher liegen als das Existenzminimum für Steuerzahler. Immerhin geht sein Vorschlag nicht in die andere Richtung,  nämlich die Senkung  der Regelsätze, was ja auch schon mehrfach als Idee verbreitet wurde…

Link zur Meldung in der taz 

Neuigkeiten

Ostern ist vorbei, und so auch der Osterurlaub des ArmutsBlogs! Was hat sich in der Zwischenzeit getan? Die Caritas erarbeitet zz. einen Regelsatz, der Kindern angemessen ist, da aktuell deren Bedarfe nicht gedeckt seien. Die Bundesregierung will nicht nur das Wohngeld erhöhen (s. Beitrag vom 23.2.08), sondern auch den Kinderzuschlag, was insgesamt Mehrkosten von 500 Millionen Euro bedeutet. Der neue Erzbischof von München und Freising namens Marx (nomen est omen?) stellte fest, dass die Kluft zwischen arm und reich wächst und will dem „ausufernden Kapitalismus“ Grenzen setzen.  Schlechte Nachrichten dagegen gibt es vom Bundessozialgericht, das in einer Entscheidung feststellte, dass die Alg-II-Behörden auch nach einer Umzugsaufforderung nicht bei der Wohnungssuche beraten müssten. Eine Leistungskürzung sei daher lt. taz möglich, wenn eine Miet-Höchstgrenze festgelegt wurde und die Frist für die Mietsenkung abgelaufen sei. Die Entscheidung ist noch nicht im Netz verfügbar.

drinnen oder draußen?

Im Feuilleton der Frankfurter Rundschau kann man heute ein Interview mit den beiden Politik- und Sozialwissenschaftlern Claus Offe und Heinz Bude über den gesellschaftlichen Wandel, das Ende des Sozialstaats und das Drama der Exklusion lesen. Eher pessimistisch schließt das Interview mit Heinz Bude: „Und kein Wirtschaftswachstum kann über die Spaltung hinwegtäuschen zwischen denen, die sich sicher sein können, dass ihre Stimme zählt, und jenen, die das Empfinden haben, dass es auf sie nicht mehr ankommt.“

Link zum Interview in der Frankfurter Rundschau

Spitzenverdiener zahlen nur 34 % Einkommensteuer

Im heutigen taz-Kommentar zeigt Ulrike Herrmann auf, wie ungerecht die Abgabenlast in Deutschland an den Staat verteilt ist. Spitzenverdiener zahlen nur 34 % Einkommensteuer (obwohl der Spitzensteuersatz bei  45 % liegt), „Otto Normalverbraucher“ dagegen muss inkl. Sozialabgaben 52,2 % seiner Arbeitskosten an den Staat abführen. Herrmanns Schlussfolgerung: „Die Reichen müssten sich ein Beispiel an der Mittelschicht nehmen und statt 34 ebenfalls 52,2 % ihres Einkommens an den Staat abführen“.

Link zum taz-Kommentar

Neue Einkommens- und Verbrauchsstichprobe

Laut einem Zeit-Artikel in der aktuellen Ausgabe (12/08) läuft derzeit die neue Einkommens- und Verbrauchsstichprobe. Sie dient als Basis zur Bestimmung des Existenzminimums, das auch die Höhe der Regelsätze für das Arbeitslosengeld II bestimmt – bzw. bestimmen sollte. Wie im Artikel dargelegt wird, prüft das Arbeitsministerium jeden Ausgabe-Posten und zieht noch einmal diverse Abschläge ab – obwohl sowieso nur die Ausgaben des geringverdienendsten Fünftels der Singlehaushalte berücksichtigt werden. „Welcher Betrag als Existenzminimum festgeschrieben wird, ist also vor allem eine Frage des politischen Willens“, schreibt die Zeit-Autorin Ulrike Meyer-Timpe.

Dieser Artikel ist leider (zz.?) online nicht verfügbar!

130.000 Alg-II-Aufstocker im öffentlichen Dienst

Lt.  Tageszeitung (taz) von heute hat die Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion mitgeteilt, dass 130.000 Beschäftigte im öffentlichen Dienst ergänzende Hartz-IV-Leistungen erhalten, da ihr Einkommen nicht zum Leben ausreicht. Dies betraf nicht etwa nur Mini- oder Teilzeitjobber! Dabei hat der Anteil der Aufstocker gegenüber 2005 sogar von 2,3 auf 2,2 % abgenommen…

Link zur  Meldung in der taz

Seid nicht selbstgerecht!

„Seid nicht selbstgerecht! Denkt nicht, wenn ihr Glück gehabt habt, weil ihr in Verhältnissen lebt, wo die Chancen sich kumulieren: Es steht mir zu! Gewinnt ein Gefühl dafür, dass man aus jeder sozialen Gruppe abrutschen kann. Und vor allem: Seid vorsichtig mit dem Satz, dass irgendjemand an seiner Lage selbst schuld ist.“ Dies ist ein Auszug aus dem Tagesspiegel-Interview mit dem Soziologen Heinz Bude über sein neues Buch „Die Ausgeschlossenen“ zum Thema  Chancengleichheit in unserer Gesellschaft. Der Traum von der Herstellung gerechter Lebensverhältnisse in Deutschland sei ausgeträumt,  da unsere Gesellschaft immer ungleicher werde und immer mehr Menschen den Anschluss verlieren würde.

Link zum Tagesspiegel-Interview

Unterkunftskosten: Teilerfolg vor Gericht

Wie der Focus online heute berichtet, hat eine dreiköpfige Familie vor dem Landessozialgericht in Celle in  einem Berufungsverfahren einen Teilerfolg gegen die Hartz-IV-Behörde erzielt: Der Landkreis Celle hatte zunächst nur 270,85 Euro ihrer Unterkunftskosten anerkannt, die Wohnung kostet aber rund 500 Euro. Das Sozialgericht Lüneburg hatte bereits eine Aufstockung auf 410 Euro anerkannt, in der Berufung sind nun 451 Euro herausgekommen.  Das Urteil ist noch nicht im Internet veröffentlicht, allerdings haben in der Vergangenheit  immer wieder HilfeempfängerInnen vor Gericht eine Anerkennung ihrer Mieten erstreiten können, weil die entsprechenden Behörden  keine Daten vorlegen konnten, aus denen die Angemessenheit der Miete hätte errechnet werden können (z. B. Mietspiegel).

Link zum Focus-Artikel 

Von der DDR-Opposition in die deutsche Armut

Bereits am 22.02.2008 porträtierte die Berliner Zeitung den Wohnungslosen Jan Markowsky. Er ist seit acht Jahren ohne Wohnung, schläft auf der Straße oder in Notübernachtungen. Wohnungslos geworden ist er erst nach der Wende, aber auch vorher passte er in kein System: In der DDR gehörte er zur Opposition, reiste 1984 aus. Heute ist er immer noch aktiv, spielt Theater im Verein „Unter Druck. Kultur von der Straße e. V.“, zu dessen Vorstand er auch gehört, arbeitet in Gremien, besucht die Sozialausschüsse. Ich kenne Jan Markowsky aus dem Arbeitskreis Wohnungsnot in Berlin. Seine Geschichte höre ich zum ersten Mal.

Link zum Porträt in der Berliner Zeitung