Archiv für den Monat: März 2009

Einnahmen aus Betteln aufs Alg II angerechnet

Ein Fall aus Göttingen erhitzt die Gemüter: Da hat ein Sozialamtsmitarbeiter einen Bettler auf der Straße erkannt, seine „Einnahmen“ gezählt, auf den Monat hochgerechnet und diesen Betrag auf dessen Sozialhilfe  angerechnet. Mithilfe eines Anwalts konnte der Sozialhilfebezieher die Anrechnung von 120 Euro auf 50 Euro drücken. Ein Skandal? Nun mag einem der Sachberarbeiter nicht besonders sympatisch sein, der einem armen Menschen eine zusätzliche Einnahme aus Betteln nicht gönnt. Korrekt gehandelt hat er allerdings, und die Anrechnung von Einkommen ist klar im Sozialhilfegesetz geregelt. Geschickter und vielleicht auch seriöser wäre es allerdings gewesen, den Mann zunächst zu bitten, die Höhe seiner monatlichen Einkünfte mitzuteilen. Oder beide Augen zuzudrücken und die Einkünfte als „milde Gaben“ ansehen, die nicht auf sozialstaatliche Leistungen angerechnet werden…

Link zum Artikel in der Taz

Link zum Artikel in der Welt

Jedes 10. Kind glaubt nicht an ein schönes Leben

In einer qualitativen Studie der Uni Bielefeld und der Bepanthen-Kinderförderung sind 168 sozial benachteiligte Kinder dazu befragt worden, wie sie selbst ihre Situation wahrnehmen würden. Am wichtigsten sei den Kindern, von ihren Eltern geliebt zu werden, genug zu essen zu bekommen und gute Freunde und Freundinnen zu haben. Jedes 10. Kind gab an, nicht an ein schönes Leben zu glauben. Schwerpunkt der Studie waren jedoch weniger die Defizite als die Ressourcen benachteiligter Kinder. Gleichzeitig ist die Studie auch eine Werbung für das Kinderhilfsprojekt der Arche, denn die befragten Kinder haben an Ferienfreizeiten der Arche teilgenommen. Auch unter diesem Aspekt sollten die Ergebnisse der Studie, die Fallbeispiele etc. gelesen werden…

Link zu den Presseinfos der Bepanthen-Stiftung inkl. Kurzfassung der Ergebnisse u. Ä.

JobCenter-Reform

Die Bundestagsfraktion der CDU/CSU hat die JobCenter-Reform abgelehnt, die Bundesarbeitsminister Scholz (SPD) gemeinsam mit den Ministerpräsidenten von NRW (CDU) und Rheinland-Pfalz (SPD) ausgehandelt hatte. Alle 16 Arbeitsminister der Bundesländer unterstützen den Kompromissvorschlag, die Bundestagsfraktion der CDU/CSU lehnt trotzdem ab und hat damit eine neue Wahlkampfrunde eröffnet. Pressestimmen zum Thema:

Spiegel-online

Tagesschau.de

Berliner Morgenpost

FAZ.net

Dauerzustand Hartz-IV-Bezug

Wie eine aktuelle Studie des IAB (Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung) belegt, sind 45 % der Bedarfsgemeinschaften, die bei Einführung von Hartz IV im Leistungsbezug von Arbeitslosengeld II (Alg II)  standen, noch immer hilfebedüftig im Sinne des Gesetzes. Auch bei einer Beendigung des Leistungsbezugs ist dieser nicht immer dauerhaft, so geraten 40 % nach spätestens einem Jahr wieder in den Bezug von Alg II. Fazit des IAB: „Die  Grundsicherung  wird  überwiegend  von  Bedarfsgemeinschaften geprägt, die über  längere Zeiträume durchgehend oder wiederholt bedürftig sind.“

Link zum Kurzbericht des IAB

Kosten der Unterkunft in Berlin neu geregelt

Seit dem 1. März gelten in Berlin neue Bestimmungen zu den Kosten der Unterkunft bei Bezug von ALG II und Sozialhilfe. Die Neuregelung war nicht nur erforderlich geworden, um die sogenannten angemessenen Mietkosten neu zu definieren (z. B. von 360 auf 378 Euro Bruttowarmmiete für eine/n Alleinstehenden), sondern auch aufgrund der Forderungen, die großzügigen Berliner Regelungen (Umzugsaufforderung erst nach 12 statt 6 Monaten) an das SGB II anzupassen (s. a. Meldung vom 21.2.09). Eine gute Übersicht mit vielen Informationen und Tipps finden sich auf der Sonderseite „Hartz IV und Wohnen in Berlin“ des Berliner Arbeitslosenzentrums evangelischer Kirchenkreise (BALZ).

Link zur Sonderseite des BALZ

Schulbedarfspaket nachgebessert

Zunächst war vorgesehen, das sogenannte Schulbedarfspaket für arme Kinder und Jugendliche nur bis zur 10. Klasse zu gewähren. Die große Koalition hat nun nachgebessert: Auch AbiturientInnen sowie VollzeitberufsschülerInnen werden einen Anspruch auf die jährlich 100 Euro Zusatzleistung  erhalten. Neben Kindern und Jugendlichen aus Hartz-IV-Familien sollen auch andere arme Familien davon profitieren können.

Meldung in der FR

Kommentar in der FR

Petitionsausschuss bemängelt Arbeit der Berliner Jobcenter

Der Petitionsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses hat den Jobcentern vorgeworfen, zu häufig berechtigte Forderungen von Arbeitslosen abzuweisen. Außerdem würden knapp 60 Prozent dieser Eingaben vom Ausschuss mit Erfolg bearbeitet. Das seien Fälle, bei denen die Jobcenter ihre Entscheidungen zurücknehmen müssten, was zeige, dass sie schlampig oder zu ablehnend gearbeitet hätten. «Da stimmt etwas im System nicht», sagte der Ausschussvorsitzende Ralf Hillenberg (SPD).

Link zur Pressemeldung