Wie eine Studie im Auftrag der Vodafone-Stiftung zeigt, sind die Zugänge zu einem Hochschulstudium immer noch sozial selektiv. Die Chance von AkademikerInnen-Kindern, ein Studium aufzunehmen, ist etwa sechsmal so hoch wie das von Eltern ohne Universitätsabschluss. Die Hochschulberechtigung wird von ArbeiterInnenkindern dabei vor allem über alternative Wege wie die Fachhochschulreife erworben. Das Gymnasium hingegen trägt offenbar nicht zur Chancengerechtigkeit bei.
Archiv des Autors: Susanne Gerull
NichtwählerInnen sind am ärmsten
Einen deutlichen Zusammenhang zwischen materieller Armut und politischer Partizipation zeigt eine Studie der Uni Leipzig auf: NichtwählerInnen sind am ärmsten, so haben 18,5 Prozent von ihnen ein Einkommen unter 1000 Euro monatlich. Am meisten Geld haben FDP- und Grüne-WählerInnen. Auch hinsichtlich anderer Merkmale unterscheiden sich die WählerInnen deutlich, so bspw. im Gesundheitszustand oder der Mediennutzung. Kein einziger Arbeitsloser in der aktuellen Studie will übrigens FDP wählen. Vielmehr geht ein Drittel der befragten Arbeitslosen überhaupt nicht zur Wahl.
Verschämte Armut trotz Grundsicherung
Wie die Armutsforscherin Irene Becker bei einer Auswertung des Sozioökonomischen Panels festgestellt hat, erreicht die 2005 eingeführte „Grundsicherung im Alter“ nicht ihr Ziel, verschämte Armut zu beseitigen. Von fast einer Million Menschen, die 2007 einen Anspruch auf Grundsicherung hatten, bezogen nur 340.000 tatsächlich die Leistung. Ein möglicher Grund könnte lt. Becker sein, dass die Betroffenen Angst davor hätten, in eine billigere Wohnung umziehen zu müssen, um Grundsicherung zu erhalten. „Ein Umzug im Alter ist aber besonders belastend und der damit verbundene Verlust sozialer Kontakte meist nachhaltig“, stellt die Forscherin fest.
Statistik gut, Ursache schlecht: Jugendarbeitslosigkeit in Europa und Nordamerika
Eine aktuelle Studie der ILO (International Labour Organization) prognostiziert, dass die Jugendarbeitslosigkeit in Europa und Nordamerika sinken wird – von aktuell 17,5 % im Schnitt auf 15,6 % im Jahr 2017. Der Grund hierfür allerdings ist nach den Prognosen der ILO, dass sich immer mehr Jugendliche und junge Erwachsene resigniert, weil chancenlos, vom Arbeitsmarkt zurückziehen. Schweden wird in dieser Hinsicht als Vorbild dargestellt, dort liegt die Arbeitslosenquote der Zielgruppe u. a. durch Beschäftigungsgarantien und Maßnahmen zur Qualifizierung wesentlich geringer als in den anderen untersuchten Industriestaaten.
Renten sinken, mehr RentnerInnen gehen zusätzlich zur Rente arbeiten
Eine Anfrage der Partei DIE LINKE an die Bundesregierung hat ergeben, dass die Renten bei neuen Altersrenten seit 2000 um sieben Prozent gesunken sind. Gleichzeitig gehen immer mehr RentnerInnen zusätzlich arbeiten – seit 2000 gibt es 60 Prozent mehr minijobbende Menschen im Rentenalter. Von ihnen sind 118.000 75 Jahre und älter. Gestritten wird nun darüber, ob dies die „Vorboten der heran rauschenden Welle der Altersarmut“ (Matthias Birkwald/DIE LINKE) sind oder ob – Tenor der Bundesregierung – immer mehr Menschen immer älter werden und daher nicht im Rentenalter auf (sinnstiftende) Arbeit verzichten möchten. Die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage steht noch nicht im Web-Portal des Bundestags, sie ist aber Anlage einer Stellungnahme der Partei DIE LINKE.
Bildungserfolge sozial ungerecht verteilt in Deutschland
Der neue Bildungsmonitor der Wirtschaftslobbyisten „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ (INSM) bestätigt vorangegangene Studien anderer Institute, nach denen die Bildungserfolge in Deutschland ungerecht verteilt sind. Während viele Bundesländer mehr AbiturientInnen und StudentInnen vorweisen können als 2011 (bundesweit eine Verbesserung um 9 von insgesamt 100 möglichen Punkten) , wurde die Bildungsarmut (definiert als RisikoschülerInnen und SchulabbrecherInnen) lediglich um 1,5 Punkte verbessert. Auch in der vorschulischen Bildung profitieren vor allem bildungsnahe Haushalte.
Abschied in die Sommerpause
Der Armutsblog verabschiedet sich in die Sommerpause. Ab Mitte August geht es wieder weiter mit Infos und Stellungnahmen rund um das Thema Armut.
Arbeitslosigkeit: Im OECD-Vergleich steht Deutschland gut da
Im Mai 2012 waren lt. neuem OECD-Bericht durchschnittlich 7,9 % der Bevölkerung aller 34 OECD-Länder arbeitslos. Deutschland steht mit einer Arbeitslosenquote von 5,6 % im Vergleich daher gut da. Die OECD begründet die geringere Arbeitslosenquote Deutschlands mit Maßnahmen, die bereits VOR der aktuellen Finanzkrise getroffen wurden – womit nicht die Einführung von Hartz IV gemeint ist! Langzeitarbeitlose gibt es allerdings auch im Ländervergleich noch zu viele, fast jeder 2. Arbeitslose ist länger als ein Jahr ohne Arbeit.
Bildungsbericht 2012 ist erschienen
Wie der Bildungsbericht 2012 der Autorengruppe Bildungsberichterstattung aufzeigt, haben sich soziale Ungleichheiten im deutschen Bildungssystem zwar verringert, aber es besteht weiterhin ein großer Förderbedarf bei Kindern mit Migrationshintergrund und Kindern aus den unteren sozialen Schichten. Auch die sozialen Selektionsprozesse bei Übergängen zwischen den unterschiedlichen Bildungsgängen oder -stufen sind in Deutschland weiterhin besonders stark ausgeprägt. Politische Empfehlungen gibt der Bericht nicht.
Kritisches Aktionsbündnis 20 Jahre Tafeln
[In Weiterleitung:] Fragen nach der Zukunft einer Gesellschaft, in der Tafeln seit so langer Zeit bestehen, haben dazu geführt, dass sich im Frühjahr 2012 das „Kritische Aktionsbündnis 20 Jahre Tafeln“ gründete. Ziel ist das gemeinsame Eintreten für eine armutsfeste Mindestsicherung. Damit privat-wohltätige Hilfen wie Tafeln und Suppenküchen tatsächlich überflüssig werden und nicht nur darüber geredet wird. Das Aktionsbündnis hat anlässlich der mittlerweile üblichen Lebensmittelwetten bei Bundestafeltreffen einen offenen Brief verfasst. Aktueller Anlass ist das kommende Bundestafeltreffen im Juni 2012. Der offene Brief wendet sich ausdrücklich gegen die Praxis der Verharmlosung der sozialen Frage durch Wetten auf Lebensmittel. Über das Kontaktformular auf der Webseite können Sie UnterzeichnerIn des Briefes werden.