Wie die Europäische Kommission im aktuellen Eurobarometer feststellt, verdienen Frauen im EU-Durchschnitt 18 % weniger als ihre männlichen Kollegen. In Deutschland sind es sogar 23,6 % weniger – vor allem durch die überproportional hohe Teilzeitarbeit von Frauen. Die neue Kommissarin für Justiz und Grundrechte, Viviane Reding, stellt dazu fest, dass dies nicht nur unfair ist, sondern auch das Wirtschaftswachstum behindert. Eine „Charta für Frauen“ soll in den nächsten fünf Jahren als neue EU-Strategie zur Verbesserung der Gleichstellung von Frauen und Männern entwickelt werden.
Archiv des Autors: Susanne Gerull
Studie widerlegt Westerwelle
Wie eine aktuelle Studie des DPWV belegt, ist Westerwelles Debatte über das Lohnabstandsgebot unseriös geführt. Westerwelle hatte vorgerechnet, dass GeringverdienerInnen z. T. weniger Geld zur Verfügung haben als Hartz-IV-BezieherInnen und dabei Ansprüche der GeringverdienerInnen auf Wohngeld, Kindergeldzuschläge etc. unter den Tisch fallen lassen. In der Studie wird nun anhand von 196 Beispielrechnungen belegt: „Wer in Deutschland Vollzeit arbeitet, hat mehr als der, der nicht arbeitet.“ (DPWV).
Im europäischen Vergleich eher geringe Sozialleistungen in Deutschland
Westerwelle und andere PolitikerInnen sollten ab und zu die einschlägigen Untersuchungen lesen (das ist optimistisch gedacht, viel schlimmer ist die Vermutung, dass sie es tun und sie bewusst ignorieren!): Wie die OECD in einer aktuellen vergleichenden Studie herausgefunden hat, sind die Sozialleistungen für Langzeitarbeitslose in Deutschland absoluter Durchschnitt – im europäischen Vergleich sogar eher gering! So erhält ein Langzeitarbeitsloser in Deutschland 36 % seines früheren Nettoeinkommens durch Sozialleistungen wie Hartz IV. In den Niederlanden sind es 61 %! Lediglich Alleinerziehende sind in Deutschland besser gestellt als der Durchschnitt.
Kein Absturz der Mittelschicht
Laut Süddeutscher Zeitung (SZ) hat das Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) in einer aktuellen Studie herausgefunden, dass (noch immer) die Angst der Mittelschicht vor einem Absturz in Armut unbegründet ist. Grundlage sind die Daten von Hartz-IV-EmpfängerInnen. Nur einer von tausend hat nämlich vor dem Bezug von Hartz IV 3.500 Euro brutto oder mehr verdient, und auch nur jede/r 10. 1.500 Euro und mehr. Da die Angst der Besserverdienenden immer auch ein Druckmittel der Politik ist, sind die Ergebnisse durchaus politisch brisant – wenn sie denn von den WählerInnen wahrgenommen werden. Die Studie ist zz. noch nicht veröffentlicht.
Diverses zu Hartz IV
Im Wochenbericht 6/2010 des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) ist nachzulesen, dass der allergrößte Teil der Arbeitslosen bereit ist einen angebotenen Job anzunehmen – und dies ebenfalls auf die arbeitslosen Hartz-IV-EmpfängerInnen zutrifft. Nichstdestotrotz nimmt die Diskriminierung und Diskreditierung von Hartz-IV-EmpfängerInnen auch in hochrangigen Politikkreisen zu, wie die Ausfälle des Außenministers (!) Westerwelle zeigen. Wer’s nochmal im Original lesen will: „Die Welt“ vom 11.2.2010.
Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Hartz IV online
Mittlerweile ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) auf deren Website online gestellt. Wer die (ausgedruckt) 37 Seiten nicht lesen möchte, kann sich zunächst die 6-seitige Pressemitteilung ansehen und sich dann neu entscheiden. Derweil hat auch die Bundesagentur für Arbeit (BA) eine Pressemitteilung herausgegeben, in der sie vor dem Stellen von Anträgen auf zusätzliche Leistungen (s. vorheriger Beitrag) abrät – diese seien nur für ganz besondere Härtefälle vorgesehen. Die Pressemitteilung der BA wurde bereits per Newsletter verschickt, steht aber noch nicht online zur Verfügung.
Hartz IV vor und nach der Urteilsverkündung des Bundesverfassungsgerichtes
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgericht ist verkündet, lange wurde spekuliert, wie das Gericht zu den (Kinder)regelsätzen urteilen wird. Lt. Spiegel-online wurde vor 20 Minuten (auf eine Klage von drei Familien) verkündet: 1.) Die Berechnung der Hartz-IV-Regelsätze ist verfassungswidrig. 2.) Sie bleibt zunächst bis zum Jahresende in Kraft. 3.) Ab 1. Januar 2011 muss es eine Neuregelung geben. 4.) Bis dahin können (in seltenen Fällen) ergänzende Leistungen beansprucht werden, soweit dies zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums erforderlich ist. Die Website des Bundesverfassungsgerichts ist derweil nicht erreichbar, vermutlich ist sie unter Millionen von Anfragen seit 10 h zusammengebrochen…
Bereits vor dem Urteil schrieben sich deutsche JournalistInnen die Finger wund, denn nach 5 Jahren Erfahrungen zu Hartz IV gibt es höchst unterschiedliche Einschätzungen zum Erfolg der Jahrhundertreform/Jahrhunderblamage. Empfehlenswert der ausführliche Artikel in der aktuellen ZEIT und der Überblick zu allen Hartz-Gesetzen I-IV in der Frankfurter Rundschau vom Wochenende.
Netzaktion Faulheitslüge
Mit einer Netzaktion soll gegen die Stigmatisierung von Hartz-IV-EmpfängerInnen als faule Arbeitslose angegangen werden: Alle sind aufgerufen zum twittern, bloggen, kommentieren! Näheres – wo sonst – im Netz!
Eurobarometer zum gesellschaftlichen Klima in der EU
Im Rahmen des jährlichen Berichts der Europäischen Kommission zur sozialen Lage in den Mitgliedsstaaten wurde vor zwei Tagen auch das sogenannte Eurobarometer zum gesellschaftlichen Klima in den EU-Staaten vorgestellt. Insgesamt sind die Menschen in den nordischen Ländern sowie den Niederlanden am zufriedensten mit ihrem Leben, die Unterschiede sind dabei insgesamt sehr groß im Ländervergleich. Bei den meisten Fragen liegt Deutschland eher im Mittelfeld. 87 % sind eher zufrieden mit ihrem Leben, 74 % beurteilen ihre wirtschaftliche Situation eher positiv und 62 % bewerten das Gesundheitswesen gut. Nur 12 % halten allerdings die Lage auf dem Arbeitsmarkt für gut, und nur 33 % bewerten die „Art und Weise der Auseinandersetzung mit sozialer Benachteiligung und Armut in Deutschland“ positiv. Vor allem Letzteres sollte den Verantwortlichen zu denken geben.
Krise schafft Sündenböcke
Die aktuellen Ergebnisse der Langzeitstudie „Deutsche Zustände“ um den Bielefelder Wissenschaftler Wilhelm Heitmeyer zeigen, dass nicht das individuelle Gefühl der Krisenbetroffenheit zur Stigmatisierung von Gruppen wie Langzeitarbeitslosen oder Nicht-Deutschen führt, sondern das Gefühl, Angehöriger einer Gruppe von Krisenverlierern zu sein. Im Zuge der Krise kommt es nach Ansicht der ForscherInnen zu einer Aufkündigung der Gleichwertigkeit von Menschen und nicht zu einem neuen Zusammenhalt. Politische Partzipation bleibt aus, die eigene Unzufriedenheit wendet sich eher gegen schwache Gruppen. Die Studie ist in ihrer Gesamtheit nur käuflich zu erwerben, eine Pressemitteilung mit den Wesentlichen Ergebnissen steht jedoch zur Verfügung.