Die Evangelische Obdachlosenhilfe e. V. hat vor fünf Monaten den „Verbogenen Paragrafen“ an die ARGE Greifswald verliehen. Diese hält lt. Diakonischem Werk weiter an ihrer oftmals rechtswidrigen Praxis fest – vor ein paar Monaten berichtete das Politikmagazin Report sogar über einen spektulären Fall, in dessen Konsequenz ein Mann aufgrund von Sanktionen der ARGE seine Wohnung verlor. In einer Staffelwanderung soll nun die Statue des „Verbogenen Paragrafen“ aus unterschiedlichen Regionen Deutschlands nach Greifswald getragen werden, und zwar vor allem von Wohnungslosen und ehemals Wohnungslosen. Am Freitag, den 26. Juni wird im Rahmen einer Kundgebung auf dem Markt von Greifswald ankommen. Mehr zu der Aktion im Internet.
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Wirtschaftskrise führt zu Anstieg der Arbeitslosigkeit auch in Deutschland
Einerseits verdrängt die aktuelle, globale Wirtschaftskrise seit Längerem die Armutsproblematik von den Titelseiten der Medien. Andererseits ist mittlerweile bei uns allen angekommen, dass nicht nur Wirtschaftsbetriebe von der Krise betroffen sind. Erwartet wird ein Anstieg der Arbeitslosenzahlen auf 3,7 Mio. dieses Jahr und auf 4,6 Mio. nächstes Jahr. Die „Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik“ hat nun ihr „Memorandum 2009“ vorgelegt. Die in der AG zusammengeschlossenen WirtschaftswissenschaftlerInnen und GewerkschafterInnen fordern nicht weniger als den sozialen und ökologischen Umbau des Systems oder kurzgefasst: Mehr Staat, u. a. durch Investitionen in Bildung, Gesundheit und die Anhebung von Hartz IV.
Wirtschaftskrise ist auf dem Arbeitsmarkt angekommen
Wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) berichtet, ist die Wirtschaftskrise nunmehr auf dem Arbeitsmarkt auch in Deutschland angekommen. Im März ist die Arbeitslosenzahl um 34.000 auf 3.568.000 Menschen gestiegen, im Vorjahresvergleich sind dies sogar 78.000 mehr. Die Arbeitslosenquote liegt mittlerweile bei 8,6 %. Damit ist erstmal für einen März kein Rückgang der Zahlen erfolgt.
Dauerzustand Hartz-IV-Bezug
Wie eine aktuelle Studie des IAB (Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung) belegt, sind 45 % der Bedarfsgemeinschaften, die bei Einführung von Hartz IV im Leistungsbezug von Arbeitslosengeld II (Alg II) standen, noch immer hilfebedüftig im Sinne des Gesetzes. Auch bei einer Beendigung des Leistungsbezugs ist dieser nicht immer dauerhaft, so geraten 40 % nach spätestens einem Jahr wieder in den Bezug von Alg II. Fazit des IAB: „Die Grundsicherung wird überwiegend von Bedarfsgemeinschaften geprägt, die über längere Zeiträume durchgehend oder wiederholt bedürftig sind.“
Arbeitslosenzahlen steigen
Die Konjunkturkrise hat Deutschland schon länger erreicht – nun wirkt sie sich auch auf die Arbeitslosenzahlen aus. Lt. Bundesagentur für Arbeit (BA) ist die Arbeitslosenzahl im Februar auf 3.552.000 gestiegen, dies sind 63.000 mehr als im Januar. Die Arbeitslosenquote liegt damit bei 8,5 % (+ 0,2 %). Die Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld ist deutlich gestiegen. Diverse Studien zeigen, dass Jugendliche und Alleinerziehende besonders stark von der allgemeinen Krise betroffen sind. So sei jede/r 5. Hartz-IV-EmpfängerIn alleinerziehend – 4,85 Mio. erwerbsfähige Hilfebedürftige wurden im Februar insgesamt gezählt. Auch der Kinderzuschlag habe sein Ziel bisher nicht erreicht, sodass vor allem Alleinerziehende weiter auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen sind, wie die FR heute berichtet.
Ein Gespräch über Ungerechtigkeiten und Aufbrüche
Für das tazmag vom Wochenende wurde Jutta Allmendinger, die Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin (WZB), zu den Themen Geschlechtergerechtigkeit, Gerechtigkeit in Deutschland allgemein und Bildungsarmut interviewt. Dabei stellt sie auch die Ergebnisse einer Studie vor, in der der Frage nachgegangen wurde, warum Menschen, die gesellschaftliche Ungerechtigkeit erfahren, dies zwar auch so bewerten, aber nichts dagegen tun. Zitat: „Die Leute erkennen eine ungerechte Gesellschaft, aber innerhalb der Hackordnung finden sie immer noch ganz viel Menschen unter sich. Damit beruhigen sie sich.“
Working Poor
In einer aktuellen Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) wurde festgestellt, dass die Zahl derjenigen, die trotz Arbeit auf aufstockende Leistungen im Rahmen des SGB II angewiesen sind, weiter steigt. Jeder Fünfte der mittlerweile 1,35 Mio. Betroffenen ging dabei sogar einer Vollzeitbeschäftigung nach! Die „working poor“ sind nach Einschätzung der ForscherInnen in der Regel hoch motiviert zu arbeiten.
Working poor – herzlich willkommen in Deutschland!
Eine aktuelle Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) beschäftigt sich mit den sog. working poor – Menschen, die trotz Arbeit ihren Lebensunterhalt nicht finanzieren können. So sind in Deutschalnd 5 % der Vollzeiterwerbstätigen trotz ihres Jobs armutsgefährdet. Zwar sind wir damit noch weit von den USA entfernt, in denen der Anteil 10 % beträgt, aber der Anteil der Niedrigverdiener stieg in Deutschland in den letzten Jahren prozentual stärker an als dort.
Das alternative Konjunkturprogramm
In einem Gastbeitrag für die Frankfurter Rundschau schlagen heute einige (z. T. schon emeritierte) Professoren ein alternatives Konjunkturprogramm für „wahrhaft Bedürftige“ vor. Sie wenden sich dagegen, dass vom bereits beschlossenen zweiten Konjunkturprogramm der Regierung nur die Wirtschaft und Erwerbstätige profitieren. Dagegen schlagen sie vor, die Wirtschaft mit einem Konjunkturprogramm anzukurbeln, das Armen und Erwerbslosen zugute kommt. Dabei sind sie nicht zimperlich, so sollten ihrer Ansicht nach u. a. der Regelsatz für Arbeitslosengeld-II-Leistungen auf 500 Euro erhöht, ein gesetzlicher Mindestlohn von 10 Euro geschaffen und für Bedürftige ein Mobilitätsticket für den städtischen Nahverkehr sowie die Deutsche Bahn für 25 Euro angeboten werden. Ob in einem weiteren Gastbeitrag demnächst die Antwort von Frau Merkel und Co. auf diesen Vorschlag zu lesen sein wird?
[Zum Vergleich: Das „große, bunte Paket“ der Regierung, z. B. dargestellt in der Taz vom 14.1.09]
Broschüre zu Sanktionen gegen Alg-II-EmpfängerInnen
Die Kampagne gegen Hartz IV hat eine Broschüre mit „Erfahrungen, Analysen und Schlußfolgerungen“ zum Thema Sanktionen gegen Alg-II-EmpfängerInnen erstellt. Die 93-seitige Broschüre mit dem Titel „Wer nicht spurt, kriegt kein Geld“ kann auf der Website der Kampagne downgeloadet werden (s. Link). Darin gibt es u. a. rechtliche Hinweise, Erfahrungsberichte von Betroffenen und die Auswertung einer telefonischen Befragung von Berliner Beratungsstellen über ihre Erfahrungen mit Sanktionen im Rahmen des SGB II.