Archiv der Kategorie: Arbeit

Armutsgefährdung von AusländerInnen im Rentenalter

Regelmäßig ergeben Berechnungen, dass ältere Menschen in Deutschland (noch) in geringerem Ausmaß von Einkommensarmut betroffen sind als die sogenannte Normalbevölkerung. Wie eine Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) herausgefunden hat, sind allerdings mehr als 40 % der AusländerInnen im Rentenalter in Deutschland von Armut bedroht. Dies ist mehr als dreimal so viel wie bei den Deutschen über 65 Jahren. Der Grund hierfür war nach Eric Seils, der die Studie für das WSI durchführte, der geringe Verdienst bei geichzeitig hoher Betroffenheit von Arbeitslosigkeit der ehemaligen „GastarbeiterInnen“, was zu entsprechend geringen Renten führt.  Ein Artikel mit weiteren Informationen und Daten erscheint am 15.7. in den WSI-Mitteilungen 5/2013.

Link zur Pressemitteilung des WSI

 

 

 

Auch steigende Mieten führen zu mehr ‚working poor‘

Wie das Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen in einer aktuellen Untersuchung aufzeigt, können steigende Mieten dazu führen, dass auch Vollzeitbeschäftigte ihren Lohn bzw. ihr Gehalt mit Arbeitslosengeld II aufstocken müssen. Ein Single muss im Bundesdurchschnitt brutto 7,98 Euro Stundenlohn haben, um den Grundsicherungsbedarf im SGB II zu erreichen. „Der hohe Anteil der so genannten Aufstocker auch bei Vollzeitbeschäftigten ist insofern eine unmittelbare Folge niedriger Stundenlöhne und hoher Mieten“, wird Prof. Dr. Gerhard Bäcker in der Pressemitteilung des IAQ zitiert..

Pressemitteilung des IAQ

 

Risiko Minijobs

Wie in einer bereits 2012 erschienenen, aber nicht vom BMFSFJ beworbenen Studie (danke an die taz für die Recherche!)  festgestellt wurde, werden Minijobs ihrem Anspruch, eine Brücke in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu sein, selten gerecht. Dies betrifft vor allem Frauen, für die Minijobs nur kurzfristige ökonomische Vorteile bieten: Die sogenannten Klebeeffekte bewirken laut Studie, dass Frauen auch bei dauerhafter Tätigkeit im Minijob nicht mehr als qualifizierte Fachkraft gelten. Nachteile wie nicht erworbene Rentenansprüche kommen hinzu. Immerhin üben laut Studie 3,1 Millionen von den 4,6 Millionen weiblichen Minijobberinnen keine weitere Erwerbstätigkeit aus. Minijobs können damit eine echte Armutsfalle sein.

Link zur Studie

UN-Bericht zur menschlichen Entwicklung

Vielbeachtet hat die UN ihren Bericht zur menschlichen Entwicklung 2013 vorgestellt. Im Kontext von Armut ist die wichtigste Erkenntnis wohl die, dass die Zielvorgabe  für die
Beseitigung der Armut im Rahmen der Millenniums-Entwicklungsziele heute schon erreicht ist: die Halbierung des Anteils der Menschen, die mit weniger als 1,25 US-Dollar pro Tag leben müssen, zwischen 1990 und 2015. 1,25 US-Dollar pro Tag gelten zz. als Grenze für absolute Armut, d. h. die Grenze fürs physische Überleben. Interessant ist auch, dass mehr als 40 Entwicklungsländer in den letzten Jahrzehnten größere Fortschritte auf dem Gebiet der menschlichen Entwicklung erzielten, als den Prognosen zufolge zu erwarten waren.
Link zum Bericht inkl. Kurzfassung

Reaktionen auf den 4. Armuts- und Reichtumsbericht

Wie bereits bei Bekanntwerden des Entwurfs (s. Armutsblog vom 4.12.12) sind die Reaktionen auf den nunmehr im Kabinett abgestimmten 4. Armuts- und Reichtumsbericht (ARB) der Bundesregierung ein ziemliches Desaster für das zuständige Sozialministerium.  Die empörten Reaktionen beziehen sich weniger auf die präsentierte Datenlage als auf den Vorwurf, der Bericht sei „frisiert“ worden – oder wie die SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles in Spiegel Online zitiert wird:  „Vor Fälschung wurde hier nicht zurückgeschreckt“. Geschönt wurde vor allem bei der Interpretation der Daten, so wurde bspw. der doch bedeutsame Befund einer sehr ungleichen Verteilung der Privatvermögen auf den Kommentar zu einer Tabelle im hinteren Teil des Berichts reduziert und in den ausschließlichen Kontext einer Ost-West-Spaltung gestellt. „Peinliche Hofberichterstattung“, findet Ulrich Schneider vom Paritätischen Wohlfahrtsverband DPW in einer Pressemitteilung, der Tenor bei den anderen Wohlfahrtsverbänden ist ähnlich. Nun bleibt zu hoffen, dass auch die Befunde selbst es in die Berichterstattung schaffen und Strategien zur Überwindung von Armut und Ungleichheit zum Wahlkampfthema werden.

Link zum 4. ARB

Spiegel Online zum Thema

Pressemitteilung des DPW

Zu wenig soziale Gerechtigkeit in Deutschand?

Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Allensbach im Auftrag der (neoliberalen) Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft zum Thema Gerechtigkeit hat ergeben, dass fast 70 Prozent der Deutschen eine wachsende Gerechtigkeitslücke empfinden. Insgesamt 43 % der 3.000 Befragten sind der Ansicht, dass die Marktwirtschaft zu weniger sozialer Gerechtigkeit führt.  Diese wird definiert als vom Lohn für seine Arbeit gut leben können, Chancengleichheit auf eine gute Schulbildung und eine Grundsicherung für Menschen in Not. Chancengerechtigkeit ist den Deutschen nach dieser Umfrage wichtiger als Verteilungsgerechtigkeit.

Link zu den Ergebnissen der Umfrage

 

Zahlenspiele – wie groß ist der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern wirklich?

Jutta Allmendinger, Leiterin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) legt in einem Kommentar für die tageszeitung/taz die „Rheinischen Zahlenspiele“ dar, mit denen der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern von ca. einem Viertel („Gender Pay Gap“ für Westdeutschland laut Statistischem Bundesamt) auf weniger als 2 % heruntergerechnet wird – und zwar durch Ausblendung all der Faktoren, die zur Lohnlücke führen: Teilzeit, geringer entlohnte Berufe, strukturell erzwungene Pausen. Ihr Fazit: „Die Nachricht von der fast erreichten Lohngleichheit ist eine Ente“.

Kommentar in der taz

 

Bericht zur regionalen Armutsentwicklung

Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat soeben seinen aktuellen Bericht zur regionalen Armutsentwicklung mit den Daten aus 2011 vorgelegt. Die Armutsgefährdungsquote habe seit 2006 stetig zugenommen und befinde sich mit 15,1 Prozent auf einem Höchststand seit der Vereinigung. Als „Problemregionen Nummer eins“ bezeichnet der Verband das Ruhrgebiet und Berlin, die nach ihren Berechnungen die schlechteste Fünf-Jahres-Entwicklung zeigten. So kann der Paritätische Wohlfahrtsverband laut ihrer Pressemitteilung zum Bericht auch nicht den Optimismus der Bundesregierung im aktuellen Entwurf für den amtlichen Armutsbericht teilen. Die Armutsquote sei in 2011 so stark gestiegen wie noch nie zuvor, und für die gesunkene Arbeitslosenquote wird eine „zunehmende Amerikanisierung des Arbeitsmarktes“ wie prekäre Beschäftigungsverhältnisse und Armutslöhne verantwortlich gemacht. Der Verband fordert daher ein ein armutspolitisches Sofortprogramm mit u. a. Mindestlöhnen, Mindestrenten und einem Mindestarbeitslosengeld I, einem Ausbau öffentlich geförderter Beschäftigung, einer Anhebung der Hartz-IV-Regelsätze sowie einer Reform des Wohngeldes.

Link zum Bericht
Link zur Pressemitteilung

Kontroversen um 4. Armutsbericht der Bundesregierung

Wer den im September kursierenden Entwurf des 4. Armuts- und Reichtumsberichts (s. Armutsblog vo. 26.9.12) mit der jetzigen Kabinettsvorlage vergleicht, kann sich nur die Augen reiben. Wissenschaftliche Befunde zur wachsenden Ungleichheit seien ins Gegenteil verkehrt worden (so die AWO), die Gerechtigkeitsfrage werde nicht mehr gestellt (so die Diakonie) und der Problem- und Handlungsdruck verschleiert (so der DGB). Wer sich selbst ein Bild machen will, liest beide Entwurfsfassungen und/oder die diversen Stellungnahmen der Verbände. Oder amüsiert sich über die vielen Karikaturen in den Zeitungen, die von einer „frisch frisierten“ Arbeitsministerin bis hin zu einer Verfilmung des Armutsberichts „in den Elendsvierteln von Düsseldorf“ reichen.

ARB 4, Kabinettsvorlage
Stellungnahme DGB
Stellungnahme der AWO
Stellungnahme der Diakonie

ArbeitgeberInnen bestätigen Potenziale der Alg-II-BezieherInnen

In einer repräsentativen Studie des Allenbach-Instituts haben zwei Drittel der befragten ArbeitgeberInnen aus den Branchen Pflege, Handwerk und Gastronomie ausgesagt, zufrieden mit den ehemaligen Arbeitslosen zu sein, jede/r Vierte ist sogar sehr zufrieden. In ihrer aktuellen Pressemitteilung (PM) betont daher die Bundesagentur für Arbeit (BA) noch einmal die Potenziale von Arbeitslosen in der Grundsicherung, die stärker genutzt werden müssten. Drei Viertel der Unternehmen bewerteteten ehemalige Alg-II-BezieherInnen als teamfähig, flexibel, zuverlässig, motiviert und qualifiziert.

Link zur PM der BA