Die Landesregierung NRW hat als erstes Bundesland einen Integrationsbericht vorgelegt, dessen Kern die Darstellung der Umsetzung des „Aktionsplans Integration“ von 2006 ist. Im Gegensatz zu anderen Berichten werden hier nicht nur zwischen AusländerInnen und Deutschen unterschieden, sondern explizit auch die Daten von „Menschen mit Zuwanderungsgeschichte“ (Integrationsbericht) dargestellt. Der Bericht zeigt auf, dass es hier immer noch große Unterschiede in den Bereichen Arbeit, Einkommen und Bildung gibt, sprich, eine Benachteiligung von AusländerInnen und Deutschen mit Migrationshintergrund. Allerdings kann mit der neuen Kategorisierung auch nachgewiesen werden, dass eingebürgerte Deutsche den Deutschen ohne Zuwanderungsgeschichte teilweise sogar überlegen sind: So weisen sie im direkten Vergleich eine bessere schulische Ausbildung auf! Im Vergleich mit früheren Statistiken „zeigt sich, dass die vergleichsweise ungünstigen Werte der ausländischen Bevölkerung zum Teil darauf zurückzuführen sind, dass gut integrierte Zuwanderinnen und Zuwanderer durch Einbürgerung aus der Ausländerstatistik herausgefallen sind. “ (S. 24). So kommen die AutorInnen auch zu ihrem nicht ganz neuen Schluss, dass Bildung der Schlüssel zur Integration sei. Auch umgekehrt wird ein Schuh draus!
Archiv der Kategorie: Bildung
Starthilfe für Erstklässler und billige Pflegekräfte
Kaum freut man sich beim morgendlichen Zeitungslesen über eine gute Nachricht für Berliner Kinder aus finanziell schwachen Familien, liest man ein paar Seiten weiter den mindestens ambivalente Gefühle auslösenden Artikel über billige Pflegekräfte durch kurzausgebildete Langzeitarbeitslose. Der Reihe nach:
Fast alle Tageszeitungen bringen heute eine kurze Nachricht zur Entscheidung des Berliner Senats, finanziell bedürftigen Berliner Erstklässlern ab dem kommenden Schuljahr ein sog. „Starter-Paket“ zu gewähren, das aus einem Härtefallfonds finanziert werden soll. Insgesamt 300.000 Euro sollen die Bezirke hierfür zur Verfügung gestellt bekommen. Initiiert hat das Ganze die Linke.
Link zur Nachricht im Tagesspiegel
In der Taz werden heute die Pläne der Bundesagentur für Arbeit problematisiert, Arbeitslose nach einer kurzen Schulung für die Betreuung von Demenzkranken einzusetzen. Betont wird von allen offiziellen Seiten, dass dadurch keine qualifizierten Kräfte ersetzt werden sollen, sondern zusätzliche Unterstützung gewährt werden soll – z. B. durch Vorlesen, Halmaspielen etc. Dementsprechend unterschiedlich sind die Reaktionen. Während das Vorhaben z. B. durch den Verein für selbstbestimmtes Wohnen im Alter e. V. begrüßt wird, finden es andere wie der Verein für Behindertenhilfe in Hamburg „sträflich“, „Langzeitlose auf Demenzkranke loszulassen“. Die Gewerkschaft Ver.di sieht die Gefahr, dass noch mehr Billigkräfte die Situation der PatientInnen in der Pflege weiter verschlechtern. Und ob man der Versicherung vertrauen kann, keine Festangestellten dafür einzusparen, ist noch die große Frage…
Plan gegen Kinderarmut der CDU
Nach dem Aktionsplan der SPD gegen Kinderarmut (s. Meldung vom 11. Juni) hat nun auch die CDU ihre Pläne zum Thema vorgestellt. Ihre Vorschläge: Frühzeitig fördern – mehr Bildung für alle (u. a. verbindliche Sprachtests für alle Kinder im Alter von vier Jahren), Familien stärken – Chancen für Kinder (u. a. mehr Kindergeld und die Ausweitung der Betreuungsplätze). Daneben steht die CDU auch weiterhin für die „Heim+Herd-Prämie“, so kündigt sie an, ab 2013 ein Betreuungsgeld für diejenigen einzuführen, „die sich zuhause um ihre Kinder kümmern“.
Bildung schützt vor Armut nicht
In einem Beitrag in der heutigen Frankfurter Rundschau stellt der Politikwissenschaftler Christoph Butterwegge etwas provokant fest: „Bildung schützt vor Armut nicht“. Dabei stellt er nicht infrage, dass Bildung wichtig ist, sondern wendet sich gegen die „Pädagogisierung der Armut“ und die „Mythologisierung der Bildung“, wenn dies in Form „leerer Bildungsversprechen“ und „illusionärer Aufstiegshoffnungen“ passiert. „Geld ist weiß Gott nicht alles, aber ohne Geld sind die meisten kulturellen und Bildungsambitionen nicht viel wert!“ – und so fordert Butterwegge in seinem Beitrag zunächst und vor allem, die Reichen stärker zur Kasse zu bitten und damit hilfebedürftigen Familien ihren Lebensunterhalt zu sichern – und zwar auf einem anderen Niveau als heute, wo für Bildung 0 Cent und für Kindernahrung völlig unzureichende Sätze vorgesehen sind.
Blauer Brief für Kultusminister
In der Ausgabe vom 05. Juni berichtet die Zeit exklusiv über eine unveröffentlichte Studie von Bildungsforschern (deren Ergebnisse den Auftraggebern, nämlich den Kultusministern von Bund und Ländern, offenbar nicht gefallen). Die Forscher fordern vor allem die systematische Förderung der leistungsschwächsten SchülerInnen und kritisieren dabei auch die fehlende Kontrolle, ob das Bundesprogramm für die Errichtung neuer Ganztagsschulen überhaupt die sogenannten RisikoschülerInnen erreicht. Hilfe für diese Zielgruppe sei „breit und unspezifisch“ – jeder Fünfte der deutschen NeuntklässlerInnen gehört zu den „Zukunftslosen“. Sie regen daher ein „Bildungsminimum“ an, das von niemandem verfehlt werden darf. Es bleibt abzuwarten, ob diese Studie letztendlich für den Papierkorb durchgeführt wurde oder die Kultusminister doch noch die „Mahnungen“ der Bildungsforscher zur Kenntnis nehmen.
Aktionsplan der SPD gegen Kinderarmut
In ihrem am 09. Juni bekanntgegebenen Aktionsplan gegen Kinderarmut stellt die SPD u. a. folgende Maßnahmen/Handlungsansätze vor: Ausbau von Kindertagesstätten zu Eltern-Kind-Zentren, Verbesserung der Betreuungsqualität und Sicherung eines gesundes Mittagessens für alle Kinder, gebührenfreie Bildung von der Kita bis zur Hochschule, Ableitung der Regelsätze vom Bedarf sowie die Einberufuzng einer Nationalen Kinderkonferenz. Dabei betont die SPD, bereits in den vergangenen Legislaturperioden einen Paradigmenwechsel in der Familien- und Bildungspolitik eingeleitet zu haben und gegen den Widerstand der CDU auch weiter fortsetzen zu wollen. So wird (natürlich) auch der Aktionsplan gegen Kinderarmut zur parteipolitischen Profilierung genutzt.
Sprachtest in Berlin zeigt Vorsprung von Kita-Kindern
Die aktuellen Ergebnisse des Sprachtests „Deutsch plus“ in Berlin zeigen eine positive Entwicklung hinsichtlich des Sprachförderbedarfs, denn seit 2004 (26,1 %) bis 2007 (23,1 %) ist der Anteil betroffener Kinder stetig zurückgegangen (der Bedarf ist allerdings mit rund einem Viertel aller Berliner Kinder immer noch viel zu hoch!). Ein wichtiges Ergebnis ist dabei, dass Kinder, die keine Einrichtung (wie Kita) besuchten, einen wesentlich höheren Bedarf haben, dies betrifft vor allem Kinder nichtdeutscher Herkunftssprache, hier liegt der Förderbedarf bei 72,5 %!
Link zur Pressemitteilung der Senatsverwaltung für Bildung in Berlin
Studentische Armut auf spiegel.de
In einem aktuellen Beitrag auf spiegel.de beschreibt eine Studentin ihr Leben, das zwischen Uni, zwei Jobs und dem Ausgehen mit besser situierten FreundInnen schwer auszuhalten ist: „Ihr Kontostand sagt Njet – und bei Unterschichtenwitzen lacht sie nur gequält mit“. Eventuell hat Julia nach dem Studium einen gut bezahlten Job und kann nach dem Spruch „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ entspannt zurückblicken. Sicher ist das allerdings nicht, wenn man die vielen armen AkademikerInnen betrachtet, die von unbezahlter Hospitation zu mies bezahltem Hilfsjob hoppen. Julias Erfahrung des sich verstecken müssens, gute Miene zum bösen Spiel machen, wenn FreundInnen sich dorthin verabreden, wo es 20 Euro Eintritt kostet usw. teilt sie mit vielen anderen armen Menschen, was die Kommentare auf den Artikel zeigen.
Neuer OECD-Bericht liegt vor
In ihrem aktuellen Wirtschaftsbericht fordert die OECD von Deutschland u. a. weitere Bildungsreformen, um die Effekte des sozio-ökonomischen und/oder eines Migrationshintergrunds auf die Bildungsergebnisse der Betroffenen zu verringern. Auch die frühe Selektion der deutschen SchülerInnen und die geringe Durchlässigkeit zwischen den Bildungsgängen wird wie schon so oft angeprangert. Weitere Themen des alle 1 1/2 bis 2 Jahre erscheinenden Berichts sind z. B. die Finanzpolitik, der Arbeitsmarkt, die Gesundheitsfinanzierung.
Studienfinanzierung – Wem gibt die öffentliche Hand?
Zu interessanten Ergebnissen kommt eine aktuelle ländervergleichende Studie der Hochschulschul-Informations-System GmbH (HIS). In Deutschland erhalten – nach komplizierten Berechnungen, die unser Steuersystem und andere Faktoren einschließen – Studierende aus wohlhabenden Elternhäusern fast dieselbe öffentliche Förderung wie Studierende aus ärmeren Haushalten, nämlich zwischen 5.135 bzw. 5.720 Euro jährlich. In ihrem Fazit zum Part über Deutschland (für SchnellleserInnen: S. 79 der englischsprachigen Studie) werfen die ForscherInnen die Frage auf, ob dies tatsächlich tatsächlich intendiert war und ist, denn das öffentlich verkündete Ziel sei es, mehr Studierende aus den sozo-ökonomisch benachteiligten Schichten zu mobilisieren.