Archiv der Kategorie: Daten + Fakten

Neues zum Jahreswechsel

Der Armutsblog hat zum Jahreswechsel eine längere Urlaubspause eingelegt und meldet sich mit den letzten Neuigkeiten zum Thema Armut aus 2011 sowie den ersten aus 2012 in Stichworten zurück:

*Laut einer britischen Studie gelingt es benachteiligten Kindern in Deutschland kaum, über Bildung aufzusteigen (Berliner Zeitung vom 8.12.11)

*Geringverdiener/-innen sterben laut Interpretation von BA-Daten durch die Linkspartei früher als andere (taz vom 13.12.11)

*Das Wohlergehen von Kindern und Jugendlichen ist in Deutschland laut einer Unicef-Studie regional ungleich verteilt – In Baden-Württemberg geht es ihnen am besten, in Bremen am schlechtesten (taz vom 17./18.12.11)

*Die Ungleichheit der Gesellschaft muss laut dem Chicago-Ökonom Raghuram Rajan nicht hingenommen werden (FAS vom 8.1.12)

*In Deutschland sind Erwerbslose laut Daten von Eurostat im EU-Vergleich besonders von Armut betroffen (Berliner Zeitung von heute)

Zum Lesen gibt es abschließend ein Dossier von zwei Zeit-Redakteur(inn)en, die als „Maria und Josef im Ghetto des Geldes“ versucht haben, als obdachloses Paar verkleidet im Taunus Hilfe zu erhalten.

Zeit-Artikel Maria und Josef

Verfestigung der Armut in Deutschland

Der Paritätische Wohlfahrtsverband (DPW) hat einen Armutsbericht mit den Daten des Statistischen Bundesamtes von 2005 bis 2010 vorgelegt, der eine „Verfestigung der Armut auf Rekordniveau“ (Pressemitteilung DPW) zeigt. So sei die Armut auch in Jahren mit starkem Wirtschaftswachstum nicht zurückgegangen. Einen Negativtrend gebe es in den Bundesländern Berlin und Nordrhein-Westfalen, zudem wird das Ruhrgebiet als neue Armutsregion ausgemacht. Der DPW fordert die Bundesregierung zu einer glaubhaften Bekämpfung der Armut auf, u. a. durch die Erhöhung der Regelbedarfe im SGB II, die Erhöhung des öffentlich geförderten Beschäftigungssektors und die Sicherung der Bildungschancen benachteiligter Kinder und Jugendlicher.

Link zur Pressemitteilung des DPW
Link zum Armutsbericht des DPW

Langzeitstudie zur gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit abgeschlossen

Die Langzeitstudie des Forschungsteams um den Bielefelder Soziologen Wilhelm Heitmeyer zur gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit ist nach 10 Jahren abgeschlossen. Während Antisemitismus, Homophobie und Sexismus im Vergleich zu den Vorjahren abgenommen haben, steigt Rassismus und die Abwertung von Obdachlosen wieder an und auch die hohe Abwertung von Langzeitarbeitslosen ist ungebrochen. In der Studie wird von einem zurückliegenden „entsicherten Jahrzehnt“ gesprochen, in dem Signalereignisse wie der 11. September und schleichende Prozesse wie eine wachsende Orientierungslosigkeit eine unheilvolle Allianz eingegangen seien. Die ForscherInnen machen auf eine „rohe Bürgerlichkeit“ aufmerksam, „die sich bei der Beurteilung sozialer Gruppen an den Maßstäben der kapitalistischen Nützlichkeit, der Verwertbarkeit und Effizienz orientiert und somit die Gleichwertigkeit von Menschen sowie ihre psychische wie physische Integrität antastbar macht und dabei zugleich einen Klassenkampf von oben inszeniert.“ (aus der Pressemitteilung)

Ausführliches Hand-out zur Pressemitteilung

SPD möchte Geld für Kinder umverteilen

Laut Bericht der Tageszeitung (taz) vom Wochenende möchte die SPD Geld für Kinder so umverteilen, dass die Familienpolitik armutsfester wird. Das Kindergeld soll ausgeweitet und im Gegenzug der steuerliche Kinderfreibetrag für Besserverdienende abgesenkt werden. Hintergrund des Vorstoßes, der Anfang Dezember auf dem Parteitag in Form eines Leitantrags verabschiedet werden soll, ist die zz. ungerechte Verteilung im sogenannten dualen System. Zz. sparen HochverdienerInnen durch die steuerliche Entlastung etwa 100 Euro mehr, als KindergeldempfängerInnen zur Verfügung haben. Dies möchte die SPD ändern

Link zum Artikel in der taz

Armut und Reichtum ungleich verteilt

Der neue „Verteilungsbericht“ des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) kommt zu dem Schluss, dass Armut und Reichtum in Deutschland immer ungleicher verteilt ist. Deutschland rutsche immer mehr in eine soziale Schieflage: Die reichsten 10 % hätten ihren Anteil am Nettovermögen im letzten Jahrzehnt von 58 auf 61 % erhöht, aber jede/r Vierte besitze gar kein Vermögen oder sei verschuldet.So warnt Claus Matecki, DGB-Vorstandsmitglied, bei der Vorstellung der Studie: „Unser Wirtschaftssystem ist dabei, seine politische und soziale Legitimation zu verspielen, die auch auf einem für alle wachsenden Wohlstand fußt“.

Link zur Pressemitteilung des DGB mit Downloadmöglichkeit des Berichts

Zahl der Wohnungslosen steigt

Laut aktuellsten Schätzungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e. V. (BAG W) ist die Zahl wohnungsloser Menschen erstmals seit Jahren gestiegen: 2010 waren laut BAG W ca. 248.000 Menschen in Deutschland ohne Wohnung, 2008 waren es noch 227.000. Zunehmend sind junge Menschen wohnungslos in Deutschland. Als Hauptgründe für diesen Anstieg sieht die BAG W hohe Mieten, Verarmung und Fehlentscheidungen bei Hartz IV an. Ein Skandal ist, dass in Deutschland keine amtliche Statistik zu Wohnungsnotfällen existiert, sodass sozial- und wohnungspolitische Strategien i. d. R. nicht auf der Basis valider Daten beruhen.

Link zur Seite der BAG W

Armut in Ungarn ab sofort strafbar

In Ungarn können Wohnungslose zukünftig mit Geldstrafen oder sogar Gefängnis bestraft werden, wenn sie auf der Straße leben. Wie in den Medien berichtet wird, hat die rechtsgerichtete Regierung Ungarns unter dem Vorwand des Schutzes von Wohnungslosen vor dem Erfrierungstod ein entsprechendes Gesetz beschlossen. NGO-VertreterInnen haben nun das Verfassungsgericht eingeschaltet. In Deutschland gibt es dagegen ein einklagbares Recht auf eine Unterkunft bei unfreiwilliger Wohnungslosigkeit. Das Leben auf der Straße ist hier jedoch keine Ordnungswidrigkeit.

Presseberichte (Auswahl):
Berber-Info
Die Presse

Etwas weniger SchuldnerInnen 2011

Nach dem neuen Schuldneratlas der Creditreform waren 2011 rund 6,4 Millionen BürgerInnen überschuldet und konnten somit ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen. Dies war mit 9,38 % aller Erwachsenen also fast jede/r Zehnte. Am meisten Überschuldete gab es anteilig in Bremen, Berlin und Sachsen-Anhalt. Bedenklich ist laut Creditreform der Anstieg junger Überschuldeter, hier stieg der Anteil sowohl der 18-20-Jährigen als auch der 20-29-Jährigen. Insgesamt ging die Anzahl Überschuldeter gegenüber 2010 allerdings leicht zurück.

Link zum Schuldneratlas 2011

15,6 % armutsgefährdet nach der Erhebung „Leben in Europa“

Nach den neuesten Daten aus der Langzeiterhebung „Leben in Europa“ waren im Jahr 2009 15,6 % der Bevölkerung Deutschlands armutsgefährdet bzw. arm, denn sie lebten von weniger als 60 % des durchschnittlichen Einkommens in Deutschlands. 2008 waren es 15,5 %. Dabei ist zu beachten, dass diese Daten auf einer anderen Basis erhoben werden als die Daten, die das Statistische Bundesamt auf einer gesonderten Website auf Grundlage des Mikrozensus vorstellt. Hier werden für 2009 14,6 % als armutsgefährdet bezeichnet.

Pressemitteilung zu „Leben in Europa“ mit weiteren Daten
Website der amtlichen Sozialberichterstattung

Vorlesen bildet

Wie die aktuelle „Vorlesestudie 2011“ des Instituts für Lese- und Medienforschung ergeben hat, profitieren vor allem Kinder bildungsferner Eltern vom Vorlesen. Allerdings wird nach der Untersuchung, die bereits zum fünften Mal durchgeführt wird, in 56 % dieser Familien nie vorgelesen – doppelt so häufig wie bei Familien mit hohem Bildungsabschluss. Die Studie stellt als ganzheitliches Konzept das Programm „Lesestart“ vor.

Link zur Vorlesestudie 2011