Laut Süddeutscher Zeitung (SZ) hat das Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) in einer aktuellen Studie herausgefunden, dass (noch immer) die Angst der Mittelschicht vor einem Absturz in Armut unbegründet ist. Grundlage sind die Daten von Hartz-IV-EmpfängerInnen. Nur einer von tausend hat nämlich vor dem Bezug von Hartz IV 3.500 Euro brutto oder mehr verdient, und auch nur jede/r 10. 1.500 Euro und mehr. Da die Angst der Besserverdienenden immer auch ein Druckmittel der Politik ist, sind die Ergebnisse durchaus politisch brisant – wenn sie denn von den WählerInnen wahrgenommen werden. Die Studie ist zz. noch nicht veröffentlicht.
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Diverses zu Hartz IV
Im Wochenbericht 6/2010 des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) ist nachzulesen, dass der allergrößte Teil der Arbeitslosen bereit ist einen angebotenen Job anzunehmen – und dies ebenfalls auf die arbeitslosen Hartz-IV-EmpfängerInnen zutrifft. Nichstdestotrotz nimmt die Diskriminierung und Diskreditierung von Hartz-IV-EmpfängerInnen auch in hochrangigen Politikkreisen zu, wie die Ausfälle des Außenministers (!) Westerwelle zeigen. Wer’s nochmal im Original lesen will: „Die Welt“ vom 11.2.2010.
Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Hartz IV online
Mittlerweile ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) auf deren Website online gestellt. Wer die (ausgedruckt) 37 Seiten nicht lesen möchte, kann sich zunächst die 6-seitige Pressemitteilung ansehen und sich dann neu entscheiden. Derweil hat auch die Bundesagentur für Arbeit (BA) eine Pressemitteilung herausgegeben, in der sie vor dem Stellen von Anträgen auf zusätzliche Leistungen (s. vorheriger Beitrag) abrät – diese seien nur für ganz besondere Härtefälle vorgesehen. Die Pressemitteilung der BA wurde bereits per Newsletter verschickt, steht aber noch nicht online zur Verfügung.
Hartz IV vor und nach der Urteilsverkündung des Bundesverfassungsgerichtes
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgericht ist verkündet, lange wurde spekuliert, wie das Gericht zu den (Kinder)regelsätzen urteilen wird. Lt. Spiegel-online wurde vor 20 Minuten (auf eine Klage von drei Familien) verkündet: 1.) Die Berechnung der Hartz-IV-Regelsätze ist verfassungswidrig. 2.) Sie bleibt zunächst bis zum Jahresende in Kraft. 3.) Ab 1. Januar 2011 muss es eine Neuregelung geben. 4.) Bis dahin können (in seltenen Fällen) ergänzende Leistungen beansprucht werden, soweit dies zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums erforderlich ist. Die Website des Bundesverfassungsgerichts ist derweil nicht erreichbar, vermutlich ist sie unter Millionen von Anfragen seit 10 h zusammengebrochen…
Bereits vor dem Urteil schrieben sich deutsche JournalistInnen die Finger wund, denn nach 5 Jahren Erfahrungen zu Hartz IV gibt es höchst unterschiedliche Einschätzungen zum Erfolg der Jahrhundertreform/Jahrhunderblamage. Empfehlenswert der ausführliche Artikel in der aktuellen ZEIT und der Überblick zu allen Hartz-Gesetzen I-IV in der Frankfurter Rundschau vom Wochenende.
Netzaktion Faulheitslüge
Mit einer Netzaktion soll gegen die Stigmatisierung von Hartz-IV-EmpfängerInnen als faule Arbeitslose angegangen werden: Alle sind aufgerufen zum twittern, bloggen, kommentieren! Näheres – wo sonst – im Netz!
Eurobarometer zum gesellschaftlichen Klima in der EU
Im Rahmen des jährlichen Berichts der Europäischen Kommission zur sozialen Lage in den Mitgliedsstaaten wurde vor zwei Tagen auch das sogenannte Eurobarometer zum gesellschaftlichen Klima in den EU-Staaten vorgestellt. Insgesamt sind die Menschen in den nordischen Ländern sowie den Niederlanden am zufriedensten mit ihrem Leben, die Unterschiede sind dabei insgesamt sehr groß im Ländervergleich. Bei den meisten Fragen liegt Deutschland eher im Mittelfeld. 87 % sind eher zufrieden mit ihrem Leben, 74 % beurteilen ihre wirtschaftliche Situation eher positiv und 62 % bewerten das Gesundheitswesen gut. Nur 12 % halten allerdings die Lage auf dem Arbeitsmarkt für gut, und nur 33 % bewerten die „Art und Weise der Auseinandersetzung mit sozialer Benachteiligung und Armut in Deutschland“ positiv. Vor allem Letzteres sollte den Verantwortlichen zu denken geben.
Krise schafft Sündenböcke
Die aktuellen Ergebnisse der Langzeitstudie „Deutsche Zustände“ um den Bielefelder Wissenschaftler Wilhelm Heitmeyer zeigen, dass nicht das individuelle Gefühl der Krisenbetroffenheit zur Stigmatisierung von Gruppen wie Langzeitarbeitslosen oder Nicht-Deutschen führt, sondern das Gefühl, Angehöriger einer Gruppe von Krisenverlierern zu sein. Im Zuge der Krise kommt es nach Ansicht der ForscherInnen zu einer Aufkündigung der Gleichwertigkeit von Menschen und nicht zu einem neuen Zusammenhalt. Politische Partzipation bleibt aus, die eigene Unzufriedenheit wendet sich eher gegen schwache Gruppen. Die Studie ist in ihrer Gesamtheit nur käuflich zu erwerben, eine Pressemitteilung mit den Wesentlichen Ergebnissen steht jedoch zur Verfügung.
Handreichung für Hartz-IV-Debatten
Bereits am Dienstag hat die Tageszeitung eine „Handreichung für Debatten am Kneipentisch“ zum Thema Hartz IV veröffentlicht. Darin greift Barbara Dribbusch die aktuellen Stigmatisierungen von Hartz-IV-EmpfängerInnen und z. T. (bewusst?) lancierten Falschmeldungen von Politik und Medien auf und geht den einzelnen Vorurteilen gut recherchiert nach. So weist sie bspw. nach, dass ein Haushalt, in dem auch nur eine Person arbeitet, allein durch den (wenn auch geringen) Freibetrag im Rahmen des Arbeitslosengelds II IMMER mehr hat als ein Vergleichshaushalt, in dem niemand arbeitet. Vorausgesetzt, die Ansprüche werden auch geltend gemacht, aber nur das kann ja bei einer Vergleichsberechnung der Maßstab sein. Engagiert wendet sie sich dagegen, dass Hartz-IV-EmpfängerInnen Schmarotzer unter Generalverdacht sind.
Gesundheitsvorsorge der Krankenkasse erreicht die Armen kaum
Der Präventionsbericht des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) für das Jahr 2009 bezeugt die vielfältigen Aktionen der Krankenkassen zur Gesundheitsvorsorge. Allerdings werden, wie von der Frankfurter Rundschau heute analysiert, vor allem Einzelkurse angeboten, die traditionell eher die Mittelschicht erreichen. Damit setzt sich das sogenannte Präventionsdilemma fort, dass nämlich sozial Benachteiligte zwar den höchsten Präventionsbedarf haben, die entsprechenden Angebote aber viel seltener wahrnehmen als eher Gutsituierte.
Diskussionen zu 5 Jahren Hartz IV
Wer sich zz. über den aktuellen Diskurs zu Hartz IV informieren möchte, muss viel Zeit mitbringen. Kaum ein Tag ohne Reportage zu „5 Jahren Hartz IV“, kaum ein Tag ohne entsprechende Artikel in den Printmedien und Online-Portalen. Besonders die Stellungnahmen von Politikern wie Koch und Rüttgers zu einem Umbau der Reform (kurz zusammengefasst zu „Leistung muss sich wieder lohnen“) werden heiß diskutiert. Lesen Sie selbst.
Die Zeit zum notwendigen Umbau von Hartz IV