Der ArmutsBlog verabschiedet sich in die wohlverdiente Sommerpause. Ab Mitte August gibt es wieder aktuelle Nachrichten zum Thema Armut, Arbeitslosigkeit, Hartz IV, Wohnungslosigkeit…
Archiv der Kategorie: Daten + Fakten
Aus dem Job direkt auf Hartz IV
Wie der DGB mitteilt, liegt nicht nur die Arbeitslosigkeit im Juni 9,1 % über Vorjahresniveau, sondern immer mehr Menschen landen direkt ohne Umwege auf Hartz IV, d. h. beziehen bei Verlust ihrer Arbeit keine Leistungen der Arbeitslosenversicherung. Der DGB hat hierzu ein umfangreiches Thesen- und Forderungspapier erstellt, in dem u. a. eine Verlängerung der Rahmenfrist für das Arbeitslosengeld I, eine Erhöhung der Kindergeldzuschläge, eine Erhöhung der Hartz-IV-Leistungen und ein Ausbau der Arbeitsförderung gefordert werden.
Link zum Thesen- und Forderungspapier
Erstmalig: Schulstarterpakete werden ab August gewährt
Ab August 2009 erhalten Familien mit geringem Einkommen jedes Jahr pro Kind zusätzlich 100 Euro in Form eines sogenannten Schulstarterpakets. Die Leistung muss nicht gesondert beantragt werden, sondern wird automatisch Ende Juli mit dem Arbeitslosengeld II bzw. dem Kindergeldzuschlag ausgezahlt.
Nähere Infos in der Pressemitteilung der Bundesagentur für Arbeit
Wirtschaftskrise führt zu mehr Selbstmorden in Europa
In einer britischen Studie, bei der die Forscher Daten aus 26 europäischen Ländern untersucht haben, wurde festgestellt, dass es einen signifikanten Zusammenhang zwischen dem Anstieg von Arbeitslosen und der Selbstmordrate gibt. So steigt bei jedem Prozent Anstieg der Arbeitslosenquote die der Selbstmorde (Unter-65-Jährige) ebenfalls um 0,8 %. Die Studie, deren Ergebnisse in der medizinischen Fachzeitschrift Lancet veröffentlicht wurden, hat hierfür Daten aus 40 Jahren berücksichtigt. Sie ist ein eindrucksvoller Beleg dafür, dass die sozioökonomischen Rahmenbedingungen den Gesundheitszustand von Menschen beeinflussen.
Irren ist amtlich und Mieten sind „nicht angemessen“
Es war nicht die erste Beratungsbus-Tour des Berliner Arbeitslosenzentrums (BALZ), aber bei dieser 3. Aktion, bei der insgesamt 900 Ratsuchende vor den JobCentern der Stadt Berlin beraten wurden, lag der Schwerpunkt auf dem Bereich „Wohnen und Hartz IV“. So wurden 565 Ratsuchende in diesem Kontext befragt. Bei mehr als 30 % von ihnen werden nicht die vollständigen Unterkunftskosten übernommen, da ihre Miete aus Sicht der Verwaltung nicht „angemessen“ ist, sprich zu teuer. Ansonsten gab es neben Kritik nach Abschluss der Aktion auch Lob, so hob Frank Steger, Koordinator der Aktion, das JobCenter Friedrichshain-Kreuzberg und vor allem deren Widerspruchsstelle besonders hervor.
Arme Superreiche
Die Wirtschaftskrise hat die Superreichen erreicht: Die Zahl der Dollar-Millionäre ist im vergangenen Jahr um rund 15 Prozent gesunken. Die deutschen Millionäre haben ihr Geld konservativer, d. h. weniger spekulativ angelegt und sind zwar betroffen, aber lt. Spiegel-online „glimpflich davongekommen“. Das beruhigt doch ungemein.
Regelsatzerhöhungen zum 1.7.09
Zum 1.7. werden die Regelsätze für Arbeitslosengeld-II-EmpfängerInnen lt. Pressemitteilung der Bundesagentur für Arbeit (BA) erhöht: 359 Euro für Alleinstehende und Alleinerziehende,323 Euro für volljährige Partner, 287 Euro für Kinder ab Beginn des 15. bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, 251 Euro für Kinder ab Beginn des 7. bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 215 Euro für Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres. Lediglich durch die Einführung einer dritten Stufe für Kinder zwischen 6 und 14 Jahren erhöht sich der Regelsatz damit erheblich, nämlich von bisher 211 auf 251 Euro. In allen anderen Altersstufen gibt es zwischen 4 und 8 Euro mehr monatlich.
1-Euro-Jobs führen nicht zum Ziel
Eine aktuelle Studie des DGB belegt, dass die 1-Euro-Jobs nicht das proklamierte Ziel einer Integration in den ersten Arbeitsmarkt erfüllen. Sie werden in großem Stil eingesetzt, obwohl bereits der Bundesrechnungshof festgestellt hat, dass 2/3 der geförderten Maßnahmen gar nicht die gesetzlichen Fördervoraussetzungen und 3/4 ihren Zweck nicht erfüllen: „Messbare Integrationsschritte waren nicht erkennbar“. Trotzdem werden 1-Euro-Jobs als „Ersatzmarktmaßnahme“ selbst bei Jugendlichen massiv eingesetzt, obwohl bei ihnen die Integration in Ausbildungsmaßnahmen Vorrang haben soll. Die Befragung von MaßnahmeteilnehmerInnen ergab ebenfalls, dass 2/3 von ihnen nicht davon ausgehen, dass ihr 1-Euro-Job ihre Chancen auf Beschäftigung erhöht.
Schuldenreport 2009
Mehrere Sozialverbände sowie die Verbraucherzentrale haben den „Schuldenreport 2009“ vorgestellt. Schätzungsweise 3-4 Millionen Haushalte sind danach überschuldet, d. h. können ihren finanziellen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen. Die durchschnittliche Belastung liege bei 36.000 Euro. Besonders betroffen: Alleinerziehende und Arbeitslose. Leider ist der Schuldenreport nicht im Netz verfügbar, sondern muss für 9,90 Euro im Buchhandel erworben werden.
Alles prima im deutschen Schulsystem!?
Bereits 2007 hat der Sonderbeauftragte der UN für das Recht auf Bildung die Bundesregierung gerügt, da der Zugang zu Bildung in Deutschland stark vom sozialen Status der Eltern abhängt – und die Regierung um Stellungnahme gebeten. Ende 2008 mahnte er die Beantwortung an, nun hat er endlich Post bekommen: 3 Seiten. Tenor: Alles prima! Das sieht er sicherlich anders, denn ganz aktuell rügte er, dass behinderten Kindern häufig der Zugang zur Regelschule verwehrt wird. Die taz berichtet heute.