Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) legt aktuell eine Studie zu „psychischen Belastungen in der modernen Arbeitswelt“ vor. Arbeitslosigkeit kann gravierende gesundheitliche Folgen nach sich ziehen, aber auch Arbeit kann krank machen, vor allem im psychischen Bereich. So sei die Zahl psychischer Erkrankungen aufgrund belastender Arbeitsbedingungen gestiegen. „Die psychische Gesundheit des Menschen ist dann besonders gefährdet, wenn er an seinem Arbeitsplatz zwischen hoch verdichteten Anforderungen und komplexen Abhängigkeiten erlebt, dass er mit seinen Entscheidungen und Handlungen wenig oder nichts bewirkt“, wird BPtK-Präsident Richter in einer Pressemitteilung der BPtK zitiert. Vor allem die Dienstleistungsbranche ist betroffen. Empfohlen wird die Verstärkung betrieblicher Prävention und – naheliegend für die BPtK – für die Betroffenen eine Psychotherapie.
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Eurobarometer zum gesellschaftlichen Klima in der EU
Im Rahmen des jährlichen Berichts der Europäischen Kommission zur sozialen Lage in den Mitgliedsstaaten wurde vor zwei Tagen auch das sogenannte Eurobarometer zum gesellschaftlichen Klima in den EU-Staaten vorgestellt. Insgesamt sind die Menschen in den nordischen Ländern sowie den Niederlanden am zufriedensten mit ihrem Leben, die Unterschiede sind dabei insgesamt sehr groß im Ländervergleich. Bei den meisten Fragen liegt Deutschland eher im Mittelfeld. 87 % sind eher zufrieden mit ihrem Leben, 74 % beurteilen ihre wirtschaftliche Situation eher positiv und 62 % bewerten das Gesundheitswesen gut. Nur 12 % halten allerdings die Lage auf dem Arbeitsmarkt für gut, und nur 33 % bewerten die „Art und Weise der Auseinandersetzung mit sozialer Benachteiligung und Armut in Deutschland“ positiv. Vor allem Letzteres sollte den Verantwortlichen zu denken geben.
Krise schafft Sündenböcke
Die aktuellen Ergebnisse der Langzeitstudie „Deutsche Zustände“ um den Bielefelder Wissenschaftler Wilhelm Heitmeyer zeigen, dass nicht das individuelle Gefühl der Krisenbetroffenheit zur Stigmatisierung von Gruppen wie Langzeitarbeitslosen oder Nicht-Deutschen führt, sondern das Gefühl, Angehöriger einer Gruppe von Krisenverlierern zu sein. Im Zuge der Krise kommt es nach Ansicht der ForscherInnen zu einer Aufkündigung der Gleichwertigkeit von Menschen und nicht zu einem neuen Zusammenhalt. Politische Partzipation bleibt aus, die eigene Unzufriedenheit wendet sich eher gegen schwache Gruppen. Die Studie ist in ihrer Gesamtheit nur käuflich zu erwerben, eine Pressemitteilung mit den Wesentlichen Ergebnissen steht jedoch zur Verfügung.
Gesundheitsvorsorge der Krankenkasse erreicht die Armen kaum
Der Präventionsbericht des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) für das Jahr 2009 bezeugt die vielfältigen Aktionen der Krankenkassen zur Gesundheitsvorsorge. Allerdings werden, wie von der Frankfurter Rundschau heute analysiert, vor allem Einzelkurse angeboten, die traditionell eher die Mittelschicht erreichen. Damit setzt sich das sogenannte Präventionsdilemma fort, dass nämlich sozial Benachteiligte zwar den höchsten Präventionsbedarf haben, die entsprechenden Angebote aber viel seltener wahrnehmen als eher Gutsituierte.
„Kopfpauschale“ – Kritik am Koalitionsvertrag
Der Koalitionsvertrag von Schwarz/Gelb steht und schon hagelt es Kritik. Vor allem die geplante Kopfpauschale (neuer Name: einkommensunabhängiger Arbeitsnehmerbeitrag, s. S. 78 Koalitionsvertrag) im Gesundheitswesen stößt nicht auf Gegenliebe der Opposition, aber auch nicht der Wohlfahrtsverbände, die den Plan als Ende der solidarischen Finanzierung des Gesundheitssystem bezeichnen. Unklar ist auch noch, wie der geplante „soziale Ausgleich“ für Geringverdienende aussehen soll. Alles sieht nach einer weiteren Verteuerung der Krankenversicherung aus – zulasten der ärmeren Teile der Bevölkerung.
Selbstmordserie aufgrund schlechter Arbeitsbedingungen in Frankreich
Dass Arbeitslosigkeit zu gesundheitlichen Belastungen bis hin zu einer höheren Selbstmordrate führt, ist bekannt (s. unsere Meldung vom 10.7.09). In der Tageszeitung musste man nun gestern lesen, dass auch ein durch Stress und Angst geprägtes Arbeitsklima zu Selbstmorden führen kann. So gibt es offenbar bei der France Télécom eine regelrechte Selbstmordserie aufgrund der Arbeitsbedingungen vor Ort. U. a. Arbeitsmediziner/-innen sprechen von „strategischem Mobbing“ in dem Unternehmen. In mehreren Abschiedsbriefen der bisher 25 Selbstmörder/-innen in den vergangenen 18 Monaten soll explizit als Grund die Arbeitsbedingungen bei France Télécom genannt worden sein.
Wirtschaftskrise führt zu mehr Selbstmorden in Europa
In einer britischen Studie, bei der die Forscher Daten aus 26 europäischen Ländern untersucht haben, wurde festgestellt, dass es einen signifikanten Zusammenhang zwischen dem Anstieg von Arbeitslosen und der Selbstmordrate gibt. So steigt bei jedem Prozent Anstieg der Arbeitslosenquote die der Selbstmorde (Unter-65-Jährige) ebenfalls um 0,8 %. Die Studie, deren Ergebnisse in der medizinischen Fachzeitschrift Lancet veröffentlicht wurden, hat hierfür Daten aus 40 Jahren berücksichtigt. Sie ist ein eindrucksvoller Beleg dafür, dass die sozioökonomischen Rahmenbedingungen den Gesundheitszustand von Menschen beeinflussen.
Wirtschaftskrise führt zu Anstieg der Arbeitslosigkeit auch in Deutschland
Einerseits verdrängt die aktuelle, globale Wirtschaftskrise seit Längerem die Armutsproblematik von den Titelseiten der Medien. Andererseits ist mittlerweile bei uns allen angekommen, dass nicht nur Wirtschaftsbetriebe von der Krise betroffen sind. Erwartet wird ein Anstieg der Arbeitslosenzahlen auf 3,7 Mio. dieses Jahr und auf 4,6 Mio. nächstes Jahr. Die „Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik“ hat nun ihr „Memorandum 2009“ vorgelegt. Die in der AG zusammengeschlossenen WirtschaftswissenschaftlerInnen und GewerkschafterInnen fordern nicht weniger als den sozialen und ökologischen Umbau des Systems oder kurzgefasst: Mehr Staat, u. a. durch Investitionen in Bildung, Gesundheit und die Anhebung von Hartz IV.
Arme Kinder, kranke Kinder
Die Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz hat den neuen Bericht zu den Einschulungsuntersuchungen 2007 in Berlin vorgestellt. Zwar wird den Berliner Kindern dort insgesamt eine gute Gesundheit attestiert, Unterschiede gibt es aber nach wie vor bei Kindern aus sozial benachteiligten Familien. So weisen diese einen schlechteren Gesundheitszustand auf und nehmen auch seltener an den Früherkennungsuntersuchungen teil. Bei letzteren spiele auch die Herkunft eine Rolle, so werden die U1 bis U8 z. B. von Kindern arabischer Herkunft sehr viel seltener wahrgenommen.
Praxisgebühr hält Arme vom Arztbesuch ab
Wie u. a. die Frankfurter Rundschau berichtet, hat eine aktuelle Untersuchung der Bertelsmann Stiftung ergeben, dass chronisch kranke Menschen seit Einführung der Praxisgebühr seltener zum Arzt gehen. Aber nicht nur der Gesundheitszustand, sondern auch das Einkommen beeinflusst offenbar das Verhalten der Kranken: Je niedriger das Einkommen, desto seltener gehen die Kranken zum Arzt! Die gewünschte Steuerung durch die Praxisgebühr funktioniert also vor allem bei armen, chronisch kranken Menschen – das kann nicht Ziel des Gesundheitsmodernisierungsgesetz gewesen sein.