Die Konjunkturkrise hat Deutschland schon länger erreicht – nun wirkt sie sich auch auf die Arbeitslosenzahlen aus. Lt. Bundesagentur für Arbeit (BA) ist die Arbeitslosenzahl im Februar auf 3.552.000 gestiegen, dies sind 63.000 mehr als im Januar. Die Arbeitslosenquote liegt damit bei 8,5 % (+ 0,2 %). Die Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld ist deutlich gestiegen. Diverse Studien zeigen, dass Jugendliche und Alleinerziehende besonders stark von der allgemeinen Krise betroffen sind. So sei jede/r 5. Hartz-IV-EmpfängerIn alleinerziehend – 4,85 Mio. erwerbsfähige Hilfebedürftige wurden im Februar insgesamt gezählt. Auch der Kinderzuschlag habe sein Ziel bisher nicht erreicht, sodass vor allem Alleinerziehende weiter auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen sind, wie die FR heute berichtet.
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Chef der Jungen Union stigmatisiert Alg-II-EmpfängerInnen
Der Chef der Jungen Union, Philipp Mißfelder, sorgt mal wieder für Schlagzeilen. Nachdem er sich vor längerer Zeit schon einmal gegen künstliche Hüftgelenke für 85-Jährige „auf Kosten der Solidargemeinschaft“ ausgesprochen hatte, verunglimpft er nun Alg-II-Empfänger. Bei einem Frühschoppen soll er gesagt haben: „Die Erhöhung von Hartz IV war ein Anschub für die Tabak- und Spirituosenindustrie“. Mehrere PolitikerInnen haben diesen „Sozialchauvinismus“ (Juso-Chefin Drohsel) bereits verurteilt.
Berlin soll zahlen für sozialen Umgang mit Alg-II-EmpfängerInnen
Wie heute mehrere Tageszeitungen berichten, fordert der Bund vom Land Berlin 47 Millionen Euro zu viel gezahlte Wohnkosten zurück. In Berlin galten bisher großzügigere Regelungen im Falle nichtangemessenen Wohnraums – so hatten Alg-II-EmpfängerInnen bisher 12 statt nur 6 Monate Zeit, sich nach einer preisgünstigeren Wohnung umzusehen, wenn sie nach den Richtlinien zu teuer wohnten. Zum 1.3.09 sind die Berliner Richtlinien zwar entsprechend angepasst worden – der Bund will trotzdem seinen Anteil an den zuviel gezahlten Unterkunftskosten zurück. Bisher mussten in Berlin nur wenige Haushalte aufgrund zu teurem Wohnraum umziehen – dies wird sich zukünftig wohl ändern…
50 Quadratmeter auch für Münchner Alg-II-BezieherInnen
Wie heute mehrere Tageszeitungen berichten, hat das Bundessozialgericht (BSG) gestern entschieden, dass allen alleinlebenden Alg-II-BezieherInnen 50 Quadratmeter Wohnraum zustehen, auch im teuren München. Hier hatte die ARGE aufgrund der hohen Wohnungsmieten entschieden, dass 45 qm ausreichen würden. Dem hat nun das BSG einen Riegel vorgeschoben – und auf ein entsprechendes Urteil bereits aus 2006 hingewiesen.
Ein Gespräch über Ungerechtigkeiten und Aufbrüche
Für das tazmag vom Wochenende wurde Jutta Allmendinger, die Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin (WZB), zu den Themen Geschlechtergerechtigkeit, Gerechtigkeit in Deutschland allgemein und Bildungsarmut interviewt. Dabei stellt sie auch die Ergebnisse einer Studie vor, in der der Frage nachgegangen wurde, warum Menschen, die gesellschaftliche Ungerechtigkeit erfahren, dies zwar auch so bewerten, aber nichts dagegen tun. Zitat: „Die Leute erkennen eine ungerechte Gesellschaft, aber innerhalb der Hackordnung finden sie immer noch ganz viel Menschen unter sich. Damit beruhigen sie sich.“
Arme Teenager in Deutschland
Eine aktuelle Studie des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) weist auf die hohe Armut von Jugendlichen und jungen Erwachsenen hin. 974.000 erwerbsfähige Hilfebedürftige im Alg-II-Bezug zwischen 15 und 24 Jahren weist die Studie aus (lt. aktuellsten Zahlen der BA waren es im Oktober 2008 „nur“ noch 907.529) . Ostdeutsche Teenager seien deutlich stärker betroffen, dabei steckten die meisten Betroffenen in (meist kurzfristigen) Ausbildungsmaßnahmen, Ein-Euro-Jobs etc. Interessant dabei – oder besser gesagt skandalös – ist, dass die Quote derjenigen, die in Ein-Euro-Jobs zwischengeparkt werden, dreimal so groß ist wie die der U-25-Jährigen in Ausbildungsmaßnahmen, dabei sind letztere immer vorrangig. Der Autor der Studie, Dr. Wilhelm Adamy fordert daher Veränderungen u. a. in der Bildungspolitik, vor allem für benachteiligte Jugendliche und junge Erwachsene.
Alles Murks bei Hartz IV!?
Anlässlich des Falles Nr. 60.000 im Kontext Hartz IV beim Berliner Sozialgericht erschien heute in der FAZonline ein Bericht über die Klagen der Betroffenen und den alltäglichen Wahnsinn in den JobCentern. Die Überschriften sind deutlich: Tausende unerledigte Fälle * Unbestimmte Rechtsbegriffe * Uneinheitliche Praxis und Unsäglicher Murks! Aber auch die „Best Practice“ eines JobCenters wird beschrieben – in Form schneller Übertragung richterlicher Entscheidungen auf die Entscheidungspraxis im eigenen JobCenter. Eigentlich selbstverständlich, oder?
Working Poor
In einer aktuellen Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) wurde festgestellt, dass die Zahl derjenigen, die trotz Arbeit auf aufstockende Leistungen im Rahmen des SGB II angewiesen sind, weiter steigt. Jeder Fünfte der mittlerweile 1,35 Mio. Betroffenen ging dabei sogar einer Vollzeitbeschäftigung nach! Die „working poor“ sind nach Einschätzung der ForscherInnen in der Regel hoch motiviert zu arbeiten.
Kinderregelsätze verfassungswidrig
Wie das Bundessozialgericht am Dienstag entschieden hat, sind die aktuellen Regelsätze für Kinder im Rahmen von Hartz IV verfassungswidrig. Das Bundesverfassungsgericht muss nun die gesetzlichen Regelungen des SGB II prüfen. Nicht die tatsächliche Höhe der Regelsätze (211 Euro für Kinder) wurde allerdings kritisiert, sondern das Zustandekommen der Abschläge vom Regelsatz für Erwachsene (60 %). Da es für die Abschläge keine Begründungen gibt und gab, verstoße dies gegen den Gleichheitsgrundsatz. ArmutsforscherInnen und PraktikerInnen fordern seit langem einen kinderspezifischen Regelsatz, der dem tatsächlichen Bedarf entspricht.
Rote Karte für Hartz IV
Lt. Frankfurter Rundschau vom 23.01. hat das Bundessozialgericht bei einem Pressegespräch am 22.1. eine „Reform der Reform“ gefordert. Unklare Regelungen würden dazu führen, dass in hohem Umfang Bescheide vor dem BSG angefochten werden – fast 175.000 neue Verfahren wg. Hartz IV wurden im letzten Jahr gezählt. Auf die zusätzliche Kritik des BSG, dass die Urteile dann gar nicht von den JobCentern zur Kenntnis genommen würden, reagierte der Sprecher der Bundesagentur für Arbeit wohl eher verschnupft…