Archiv der Kategorie: Hartz IV/Bürgergeld

Regelsätze verfassungswidrig?

Wie u. a. die Frankfurter Rundschau meldete, hält das hessische Sozialgericht die Regelsätze von Hartz IV für verfassungswidrig – das Bundesverfassungsgericht soll dies nun prüfen. Vor allem wurde bemängelt, dass die Regelsätze für Kinder (60 %) und Jugendliche (80 %) rein statistisch vom Regelsatz des Haushaltsvorstandes abgeleitet sind. Wohlfahrtsverbände, aber auch Politiker/-innen einiger Parteien begrüßen den Standpunkt des hessischen Sozialgerichts.

Link zum Artikel in der FR

Neue Studie zu arbeitslosen Hartz-IV-EmpfängerInnen

„Arbeitslose Hartz IV-Bezieher sind nicht weniger leistungsbereit als andere Arbeitslose. Sie sind aber oft gering qualifiziert und haben deshalb schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt.“ Dies ist die Zusammenfassung der Ergebnisse einer Studie des DIW Berlin. 70 % aller Arbeitslosen in Deutschland beziehen Alg-II-Leistungen, ihre Qualifikationen sind dabei im Vergleich mit den sonstigen Arbeitslosen schlechter, so hat bspw. jede/r fünfte keinen Hauptschulabschluss.

Link zur Pressemitteilung des DIW

Link zum Wochenbericht des DIW mit den ausführlichen Ergebnissen

Neues für Hartz-IV-EmpfängerInnen

Nachdem der Bundesrat die Rechtsberatung für Hartz-IV- und SozialhilfeempfängerInnen einschränken bzw. verteuern will, hat der Europäische Gerichtshof festgestellt, dass der Bezug von Sozialleistungen kein Grund für die Abschiebung von türkischen StaatsbürgerInnen sein darf. Im Einzelnen: Beratungshilfe kostet bisher 10 Euro, hier sollen zukünftig weitere 20 Euro fällig werden, wenn Schriftsätze durch die RechtsanwältInnen verfasst werden – zuviel für die meisten Hartz-IV- und SozialhilfeempfängerInnen. Motivation ist wohl die Eindämmung der Klageflut… Dafür hat der EGH wieder einmal in einem Urteil festgestellt, dass die Bundesrepublik das Assoziationsabkommen mit der Türkei einhalten muss, nach dem auch zugezogene EhepartnerInnen und Kinder nach 5 Jahren in Deutschland EU-BürgerInnen gleichgestellt sind. Im verhandelten Fall sollte ein 23-Jähriger Türke abgeschoben werden, da er Schule und Ausbildungsmaßnahme angebrochen hatte und Alg II bezog.

Link zur FR online zum Thema Beratungshilfe

Link zur Taz zum Thema EGH-Entscheidung

Neue Beschlüsse der großen Koalition

Der Koalitionsausschuss hat diverse Beschlüsse gefasst, die die BürgerInnen z. T. finanziell entlasten, z. T. aber auch stärker belasten werden: Mehr Kindergeld (von dem Alg-II-EmpfängerInnen nichts haben, da es als Einkommen angerechnet wird), weniger Arbeitslosenversicherungsbeitrag, für viele höhere Krankenkassenbeiträge und vieles mehr. Die Oppositionsparteien rügen aus unterschiedlichen Gründen die Beschlüsse, so sei auch das mitbeschlossene „Schulbedarfspaket“ – 100 Euro pro Schuljahr bis zum 10. Schuljahr für Alg-II-EmpfängerInnen –  eine „klägliche Zuwendung“ (M. Kurth, Grüne).

Link zu Tagesschau-online

Link zum Taz-Artikel vom 07.10.08

SAT 1 verklagt von Hartz-IV-EmpfängerInnen

Lt. t-online haben mehrere Hartz-IV-EmpfängerInnen den Privatsender SAT 1 verklagt, weil in der Sozialfahnder-Serie „Gnadenlos gerecht“ Sachverhalte falsch dargestellt wurden bzw. ohne Zustimmung der Betroffenen gefilmt wurde. Z. T. sei den Gefilmten dadurch auch ein wirtschaftlicher Schaden entstanden. Obwohl gegen den Kreis Offenbach, bei dem die Sozialfahnder arbeiten, noch keine Klagen anhängig sein sollen, stellt sich die Frage, wie eine öffentliche Kommune solche Praktiken zulassen kann – und dadurch aktiv an der Diskrimierung und Kriminalisierung von SoziallleistungsempfängerInnen mitwirkt.

Link zum Beitrag auf t-online

Demo am internationalen Tag für die Beseitigung der Armut

Für Fr., den 17.10.2008 ruft der Arbeitskreis „Marginalisierte – gestern und heute!“ zur Demo in Berlin auf. Forderungen sind u. a. die Bekämpfung jeder Form von Diskriminierung, Kriminalisierung und Ausgrenzung aller Menschen, die von Armut betroffen sind, und die Gewährleistung des Rechts auf existenzsichernde Arbeit unter menschenwürdigen Bedingungen.

Link zum Demoaufruf

DPW fordert Erhöhung des Kinderregelsatzes bis zu 40 %

In einer aktuellen Expertise rechnet der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband vor, dass die aktuellen Regelsätze für Kinder im SGB II deren Bedarf bei weitem nicht decken.  Es wird in diesem Zusammenhang kritisiert, dass der Gesetzgeber einfach einen prozentualen Abschlag des Regelatzes für Erwachsene vorgenommen hat, ohne die besonderen Bedarfe von Kindern zu berücksichtigen. Erstmalig wurden daher lt. DPW in der Geschichte der Bedarfsfeststellung tatsächlich Daten von Familien und von Kindern ausgewertet.

Link zur Expertise des DW

Hartz-IV-Empfänger müssen Kontoauszüge vorlegen

Wie am Wochenende mehrere Tageszeitungen berichteten, hat das Bundessozialgericht am Freitag die Praxis der Jobcenter für rechtens entschieden, sich Kontoauszüge der Arbeitslosengeld-II-BezieherInnen vorlegen zu lassen. Lediglich bestimmte Angaben dürfen geschwärzt werden, aus denen z. B. die politischen oder sexuellen Präferenzen hervorgehen. Die Entscheidung ist vom BSG noch nicht online gestellt worden.

Link zum Artikel in der TAZ

Tafeln in Not

Wie die ZEIT in ihrer aktuellen Ausgabe berichtet, können die Tafeln, die in Deutschland Bedürftige mit Lebensmitteln versorgen, ihre ehrenamtliche Aufgabe nur noch unter großen Schwierigkeiten und mit Einschränkungen wahrnehmen. Die Zahl der Betroffenen steigt, aber das Angebot der Geber sinkt. Supermärkte würden die Lebensmittel, die kurz vor dem Verfallsdatum stehen, mittlerweile lieber selbst in einer Angebotsecke verramschen, statt sie kostenlos an eine der 800 Tafeln abzugeben. Die hohen Spritpreise sind das andere Problem, auch hier fand sich bisher noch kein Sponsor.  Am 1.10. zeichnet Ursula von der Leyen zum 15. Jubiläum der Tafeln einige der ehrenamtlichen HelferInnen aus. Spenden wären wohl derzeit eher willkommen…

Link zum Artikel in der ZEIT

Schlechte Chancen für MigrantInnen in Berlin

Bereits vom 27. August 2008 ist der Wochenbericht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), der sich mit den schlechten Jobchancen, dem geringen Einkommen und der hohen Transferabhängigkeit von MigrantInnen in Berlin beschäftigt. Neben vielen interessanten, wenn auch erschütternden Zahlen, wird als „Schlüssel für die Lösung des Problems“ von  Karl Brenke (DIW) die bessere Qualifizierung der Betroffenen gefordert. Leider kommt er auch zu dem Schluss, dass „eine Anhebung der Sozialleistungen erhebliche negative Nebenwirkungen“ haben würde, da hiermit der Anreiz zu arbeiten sinken würde. Es ist schlicht unverständlich, dass die Erhöhung der Regelsätze immer als „entweder/oder“ diskutiert wird. „Lieber qualifizieren als finanzieren“ ist eine unseriöse Aussage: Wenn die Regelsätze des Arbeitslosengeldes II nicht für ein menschenwürdiges Leben ausreichen, müssen sie erhöht werden. Wenn MigrantInnen aufgrund einer schlechteren Bildung und Qualifikation schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben, müssen sie besser qualifiziert werden. Nicht „oder“, sondern „und“.

Link zum Wochenbericht des DIW vom 27.8.08