Armut und Einkommensarmut in Deutschland stärker angestiegen als in jedem anderen OECD-Land

Aus der heute veröffentlichten OECD-Studie „Mehr Ungleichheit trotz Wachstum?“ geht hervor, dass in keinem anderen OECD-Land Armut und Ungleichheit stärker angestiegen ist als in Deutschland. Die Armutsquote stieg zwischen 1985 und 2005 von 6 auf 11 % (Achtung! Relative Armut wird hier definiert als Einkommen, das weniger als die Hälfte – 50 % – des durchschnittlichen Einkommens beträgt.  Lt. EU-Definition ist arm, wer weniger als 60 % zur Verfügung hat, hier wäre die Quote also noch viel höher!). Kinderarmut wuchs in diesem Zeitraum an von 7 auf 16 %.  Lediglich im Bereich der Langzeitarmut (drei Jahre oder länger) sieht es in Deutschland besser aus als in den meisten anderen Ländern. Auch in dieser Studie wird wieder deutlich, dass der berufliche Status der Eltern den Bildungserfolg der Kinder determiniert.  10 %  der Menschen besitzen die Hälfte des Gesamtvermögens und ein Viertel des Gesamteinkommens. Man fragt sich, wie viele solcher Zahlen noch veröffentlicht werden müssen, bevor eine gerechtere Verteilung von Einkommen, Vermögen und Bildungschancen in diesem Land angestrebt und umgesetzt wird.

Link zur OECD-Seite mir diversen Downloadmöglichkeiten

Link zu den Kurzinformationen zu Deutschland

Studie belegt Abschreckung durch Studiengebühren

Wie heute alle Tageszeitungen und Online-Portale berichten, belegt eine Studie des Hochschul-Informations- Systems (HIS), dass Studiengebühren abschreckend wirken und Studienwillige vom Studieren abhalten. Aus der noch geheim gehaltenen Studie (zu der sich auch keinerlei Informationen auf der HIS-Website finden)  geht hervor, dass bis zu 18.000 AbiturientInnen des Abschlussjahrgangs 2006 wegen der Gebühren kein Studium aufgenommen haben. Vor allem betroffen: Frauen und Kinder aus Arbeiterhaushalten! Peinliche Ergebnisse so kurz vor dem großen Bildungsgipfel!

Link zum Artikel auf  Zeit-online

Link zum Kommentar in der Taz

Mehr RisikoschülerInnen in Deutschland als gedacht

In der Wochenendausgabe der Taz mahnt Jürgen Baumert vom Max-Planck-Institut, dass es mehr RisikoschülerInnen in Deutschland gebe als gedacht. Seiner Ansicht gehören hierzu nicht nur die SchulabbrecherInnen, sondern etwa jeder vierte bis fünfte Jugendliche, der die Schule verlässt. So viele sind es, die nur ungenügend mit Texten und mathematischen Anforderungen im Berufsleben umgehen könnten. U. a. fordert er eine Verbesserung der Lehrerfortbildung und eine frühe Förderung dieser Kinder.

Link zum Interview in der Taz

Armutsbericht Brandenburg sorgt für Diskussionen

Der aktuelle Armutsbericht der brandenburgischen Landesregierung sorgt für Diskussionen – und Kritik. Wie mehrere Zeitungen gestern und heute berichten, diskutieren die Abgeordneten noch über den Armutsbegriff und geben den bisher unveröffentlichten Bericht noch nicht frei. Hintergrund ist lt. u. a. der Märkischen Allgemeinen Zeitung, dass im Bericht mit einer Armutsgrenze von 75 % vom Durchschnittseinkommen gearbeitet wird – in der Armutsforschung als Grenze zu prekären Lebensverhältnissen definiert. Relative (Einkommens)Armut dagegen wird nach einer EU-Festlegung als ein Einkommen von weniger als 60 % des Durchschnittseinkommens definiert. Bei der Berechnung der Armutsquote macht das lt. Bericht einen Unterschied zwischen 13,7 oder 25 % von Armut Betroffenen aus.

Link zum Artikel in der MAZ von gestern

Link zum Artikel in der MAZ vom 11.10.08

Neues für Hartz-IV-EmpfängerInnen

Nachdem der Bundesrat die Rechtsberatung für Hartz-IV- und SozialhilfeempfängerInnen einschränken bzw. verteuern will, hat der Europäische Gerichtshof festgestellt, dass der Bezug von Sozialleistungen kein Grund für die Abschiebung von türkischen StaatsbürgerInnen sein darf. Im Einzelnen: Beratungshilfe kostet bisher 10 Euro, hier sollen zukünftig weitere 20 Euro fällig werden, wenn Schriftsätze durch die RechtsanwältInnen verfasst werden – zuviel für die meisten Hartz-IV- und SozialhilfeempfängerInnen. Motivation ist wohl die Eindämmung der Klageflut… Dafür hat der EGH wieder einmal in einem Urteil festgestellt, dass die Bundesrepublik das Assoziationsabkommen mit der Türkei einhalten muss, nach dem auch zugezogene EhepartnerInnen und Kinder nach 5 Jahren in Deutschland EU-BürgerInnen gleichgestellt sind. Im verhandelten Fall sollte ein 23-Jähriger Türke abgeschoben werden, da er Schule und Ausbildungsmaßnahme angebrochen hatte und Alg II bezog.

Link zur FR online zum Thema Beratungshilfe

Link zur Taz zum Thema EGH-Entscheidung

Neue Beschlüsse der großen Koalition

Der Koalitionsausschuss hat diverse Beschlüsse gefasst, die die BürgerInnen z. T. finanziell entlasten, z. T. aber auch stärker belasten werden: Mehr Kindergeld (von dem Alg-II-EmpfängerInnen nichts haben, da es als Einkommen angerechnet wird), weniger Arbeitslosenversicherungsbeitrag, für viele höhere Krankenkassenbeiträge und vieles mehr. Die Oppositionsparteien rügen aus unterschiedlichen Gründen die Beschlüsse, so sei auch das mitbeschlossene „Schulbedarfspaket“ – 100 Euro pro Schuljahr bis zum 10. Schuljahr für Alg-II-EmpfängerInnen –  eine „klägliche Zuwendung“ (M. Kurth, Grüne).

Link zu Tagesschau-online

Link zum Taz-Artikel vom 07.10.08

SAT 1 verklagt von Hartz-IV-EmpfängerInnen

Lt. t-online haben mehrere Hartz-IV-EmpfängerInnen den Privatsender SAT 1 verklagt, weil in der Sozialfahnder-Serie „Gnadenlos gerecht“ Sachverhalte falsch dargestellt wurden bzw. ohne Zustimmung der Betroffenen gefilmt wurde. Z. T. sei den Gefilmten dadurch auch ein wirtschaftlicher Schaden entstanden. Obwohl gegen den Kreis Offenbach, bei dem die Sozialfahnder arbeiten, noch keine Klagen anhängig sein sollen, stellt sich die Frage, wie eine öffentliche Kommune solche Praktiken zulassen kann – und dadurch aktiv an der Diskrimierung und Kriminalisierung von SoziallleistungsempfängerInnen mitwirkt.

Link zum Beitrag auf t-online

Demo am internationalen Tag für die Beseitigung der Armut

Für Fr., den 17.10.2008 ruft der Arbeitskreis „Marginalisierte – gestern und heute!“ zur Demo in Berlin auf. Forderungen sind u. a. die Bekämpfung jeder Form von Diskriminierung, Kriminalisierung und Ausgrenzung aller Menschen, die von Armut betroffen sind, und die Gewährleistung des Rechts auf existenzsichernde Arbeit unter menschenwürdigen Bedingungen.

Link zum Demoaufruf

Hochschulzugang abhängig vom Elternhaus

Wie in der aktuellen Studie „Eurostudent“ in einem Ländervergleich festgestellt wird, ist in Deutschland der Zugang zur Hochschule stark abhängig vom Bildungsstatus der Eltern – im Gegensatz zu anderen Ländern wie den Niederlanden. Nur 5 % aller Studierenden in Deutschland haben einen Vater mit Hauptschulabschluss (in der Gesamtbevölkerung sind es 12 %)! Rund 35 % eines Altersjahrgangs nehmen hier ein Studium auf – in den Niederlanden sind es fast 60 %. Als Ursache gilt die starke soziale Schichtung des deutschen Schulsystems.

Link zur Zusammenfassung der Studie (deutsch)

DPW fordert Erhöhung des Kinderregelsatzes bis zu 40 %

In einer aktuellen Expertise rechnet der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband vor, dass die aktuellen Regelsätze für Kinder im SGB II deren Bedarf bei weitem nicht decken.  Es wird in diesem Zusammenhang kritisiert, dass der Gesetzgeber einfach einen prozentualen Abschlag des Regelatzes für Erwachsene vorgenommen hat, ohne die besonderen Bedarfe von Kindern zu berücksichtigen. Erstmalig wurden daher lt. DPW in der Geschichte der Bedarfsfeststellung tatsächlich Daten von Familien und von Kindern ausgewertet.

Link zur Expertise des DW